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Einen Zusammenbruch des Finanzsystems hat trotz aller Vorkehrungen angeblich niemand
für möglich gehalten.
Das Finanzsystem ist auf Vertrauen aufgebaut, und gerade dieses Vertrauen ist im Zuge
des Lehman- Zusammenbruchs verloren gegangen. Die Menschen hatten auf die Manager,
Politik und Aufsichtsorgane vertraut – und mussten feststellen, dass das System trotz
allem zusammenbrechen konnte. Die Krise hat das Vertrauen der Kreditgeber, dass
vermeintlich hochwertige Kredite in der Regel auch zurückgezahlt werden, erschüttert.
Und sie hat den Mythos von Anlegern und Investoren, dass ihre Kapitalanlagen
langfristig sicher sind, zerstört.
Das Ursachen und Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise ist ungemein komplex
– möglicherweise so komplex, dass sie niemand wirklich komplett verstehen kann. Aus
den Wechselwirkungen innerhalb des Finanzsystems entstehen äußerst schwer
nachvollziehbare Systemrisiken.
Die Tatsache, dass das Finanzsystem anscheinend bestens funktionierte, bis wir dann
eines Besseren belehrt wurden, hat allen ein falsches Gefühl der Sicherheit vermittelt.
Wieso etwas tun, wenn alles bestens läuft? So verständlich diese Laisser- faire- Haltung
war – schließlich waren die Zeiten gut, und es ging allen immer besser –, sie war zugleich
der Nährboden für den kommenden Kollaps. Bei all den Erklärungsversuchen für das, was
schiefgegangen ist, und bei all den Sanierungsbemühungen darf deshalb eines nicht
außer Acht gelassen werden: Komplexe Prozesse sind nur begrenzt nachvollziehbar, und
die Bruchstellen in diesen Prozessen vorherzusehen ist schwierig. Dem muss im neuen
Finanzsystem besser Rechnung getragen werden.
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SZ: Sorglos am Abgrund (10.11.08)
: Wiederholt sich 1929? Der Welt droht eine ähnlich
dramatische Krise wie vor acht Jahrzehnten – deshalb muss die Politik jetzt entschlossen
gegensteuern.
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Auf den internationalen Finanzmärkten sind aktuell deutliche Zeichen der Entspannung
erkennbar. Dennoch bestehen weiterhin erhebliche stille Lasten in den Bilanzen des
Bankensektors. Weltweit werden die Verluste der Banken auf 2,8 Bio US-Dollar geschätzt,
von denen bisher höchstens die Hälfte verarbeitet worden ist.
Die staatlichen Hilfsmaßnahmen in Deutschland beruhten auf freiwilliger Teilnahme mit
hohen Auflagen und wurden nur wenig in Anspruch genommen. Die Restrukturierung der
Banken ist nur zögerlich vorangekommen und die Kreditversorgung bleibt gefährdet. Die
Institute sind nun einem konservativen Stress-Test zu unterwerfen und im Falle von
ungenügenden Kapitalpuffern zur Rekapitalisierung oder zur Auslagerung von
Problemaktiva zu verpflichten.
Für die Unternehmen des Finanzsektors hat das Berichtsjahr extreme Belastungen
gebracht. Nach ersten, Anfang 2007 vom Subprime- Hypothekenmarkt ausgehenden
Turbulenzen wurde nach und nach die gesamte Branche von der Krise erfasst, die Mitte
September 2008 historische Ausmaße annahm. Die Finanzinstitute kämpften lange Zeit
mit illiquiden Kapital- und Refinanzierungsmärkten, schrieben massive Verluste und
mussten zum Teil gestützt werden. Am folgenreichsten war der Konkurs von Lehman
Brothers, der die Dynamik der Krise beschleunigte (Kapitel II). Andere Institute wurden
kurz vor dem Bankrott von größeren Unternehmen oder der öffentlichen Hand
übernommen. Der Staat intervenierte zur Stabilisierung der Finanzmärkte in bisher
ungekanntem Ausmaß.
Weitere Berichte
Vox: Reflections on the chronology of the financial crisis (4.5.09):
The financial crisis is
not over but it seems less scary since the US stock market decided that most big banks
will survive. This column provides a current scoreboard of the crisis game and reminds
everybody that the underlying problems are hardly resolved. A lot of banks sorely
needed capital and need to raise it relatively cheaply.
BL: Erschreckend: So dünn analysiert die Finanzbranche die Finanzkrise (18.7.09)
: Dieser
Papier hat zurecht kein Presseecho gefunden. Die Lektüre des vergangene Woche
veröffentlichten Bericht zum Stand des Finanzstandortes Deutschland im Jahre 2009 der
“Initiative Finanzstandort Deutschland” (IFD), einer Lobby- Organisation deutscher
Finanzdienstleister, ist eine reine Zeitverschwendung. Ich will fair sein, denn ich kann
mir eigentlich kein abschließendes Urteil über diesen Bericht erlauben.
Der Spiegel: Ende der Demut (15.6.09):
Vor wenigen Monaten standen die US-Banken vor
dem Kollaps, jetzt versuchen sie schon wieder, den Einfluss des Staates
zurückzudrängen. Dabei sind die Gefahren keineswegs gebannt.
HB: Die Banken vertrauen sich wieder (16.5.09):
Und die Banken vertrauen sich doch. Seit
letztem Herbst, genauer seit dem Kollaps der Investmentbank Lehman Brothers, war die
Kreditvergabe unter den Instituten beinahe völlig zum Erliegen gekommen. Jetzt bessert
sich die Stimmung: Die Raten, zu denen die Institute untereinander Kredite vergeben,
sinken deutlich.
Welt: Die Krise verschiebt die Machtzentren der Welt (26.4.09):
Die Finanzkrise verändert
alles: In New York schrumpfen die Banken, in London verschwinden Hedgefonds. Es ist
offensichtlich, dass die alten großen Finanzplätze an Bedeutung verlieren, während in
Asien neue entstehen. Doch auch Frankfurt will von der Krise profitieren.
Spiegel: Der Offenbarungseid (40/2008)
Die Bankenkrise erschüttert die amerikanische
Vorherrschaft auf den Finanzmärkten und in der Weltpolitik. Die Industrieländer
schlittern in die Rezession, die Ära des Turbokapitalismus geht zu Ende, die militärische
Macht der USA schwindet. Die Welt steht vor einer Neuordnung.
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Während der zweiten Phase der Krise gerieten die Finanzvermögenswerte, nach einer
kurzen Atempause im Gefolge der Übernahme von Bear Stearns am 16. März, erneut
unter Druck. Bezeichnend für die Phase bis Mitte September 2008 war, dass die Anleger
verstärkt auf Anzeichen eines Übergreifens der Rezession in den USA auf andere wichtige
Volkswirtschaften und eine damit verbundene weltweite Synchronisierung des
Wirtschaftsabschwungs reagierten. Die daraus resultierenden Aussichten für die
Ertragslage sowie die Ausfallrisiken und damit zusammenhängende Verluste im
Finanzsektor brachten die Bilanzen der Banken erneut unter Druck und stellten die
Durchführbarkeit ihrer Rekapitalisierungsvorhaben infrage. Folglich traten unter den
Anlegern Fragen der Refinanzierbarkeit bestimmter Forderungen gegenüber Fragen der
Solvenz der Banken in den Hintergrund, wodurch insbesondere diejenigen Institute in
Mitleidenschaft gezogen wurden, von denen bekannt war, dass sie sich hoch
verschuldet und in notleidende Wertpapiere investiert hatten.
Berichte zum Jahrestag der Lehman-Pleite
NZZ: Das Wochenende eines historischen Versagens (11.9.09):
Der Lehman-Konkurs
verstärkte die implizite Staatsgarantie paradoxerweise. Vor einem Jahr hat ein
Wochenende den Lauf der Wirtschaftsgeschichte geändert. Die Verhandlungen zur Rettung
Lehman Brothers scheiterten. Heute gilt der Lehman-Konkurs als grosser Fehlentscheid.
Ein Jahr später scheint es unvorstellbar, dass je wieder eine grosse Bank in den Konkurs
geschickt wird.
NZZ: Finanzminister will Hilfen für Banken zurückfahren (11.9.09):
Die US-Regierung will
die Hilfen für den Bankensektor zurückfahren. Da sich die Lage zunehmend stabilisiere,
seien einige Massnahmen nicht mehr erforderlich, sagte Finanzminister Timothy Geithner
in Washington. Er erwarte die Rückzahlung von Notkrediten in den nächsten 18 Monaten.
HB: Lehman-Pleite Der letzte Kampf des Gorillas (11.9.09)
: New York, vor einem Jahr:
Während Lehman-Chef Fuld in seinem Büro um sein Leben telefoniert, um noch einen
Käufer für seine marode Bank zu finden, wollen ein paar Kilometer weiter die Chefs der
mächtigsten US-Banken den Zusammenbruch aufhalten - um sich selbst zu retten. Die
Geschichte eines Wochenendes, das die Welt veränderte.
Weitere Berichte
FAZ: Erholung des Bankensystems gerät ins Stocken (21.8.09)
: Die Gesundung des
Bankensystems hat seit dem Krisenhöhepunkt im Frühjahr gute Fortschritte gemacht,
doch in den vergangenen Wochen haben sich die Risikoprämien für europäische Banken
wieder spürbar erhöht. Seit Anfang Juli ist zum Beispiel der Itraxx- Bankenindex von 77
auf nahezu 100 Basispunkte gestiegen.
Telepolis:Bankensterben geht weiter (21.07.09):
Während die gedopten Großbanken
angeblich wieder Gewinne schreiben, geht das Bankensterben munter weiter. Vor zwei
Jahren wurde die Finanzkrise mit
riesigen Verlusten bei der US-Bank Bear Stearns
sichtbar. Die einst fünftgrößte US- Investmentbank war die erste große Bank in den USA,
die gerettet wurde (Fed rettet Bear Sterns
). Seither geht das Bankensterben weiter und hat
neue Rekordwerte erreicht. So wurden zum vergangenen Wochenende erneut vier US-
Banken geschlossen und das Ringen um die Mittelstandsbank CIT hält an. Doch die US-
Großbanken simulieren längst wieder Normalität, dabei hängen sie weiter am Tropf des
Staates. Mit aufgehübschten Bilanzen werden Milliardengewinne herbeigerechnet, auch
damit sich Banker wieder großzügige Gehälter und Bonuszahlungen auszahlen können.
HB: Die Banken werden wieder rückfällig
(8.7.09): Krise? Welche Krise? Die Entspannung
auf den Finanzmärkten hat dazu geführt, dass einige Banken in ihre alten
Verhaltensmuster aus der Zeit vor der Krise zurückfallen. Das Kasino ist wieder offen, die
Kugel in den Finanzzentren rollt. Notenbanker und Politiker betrachten das mit
wachsender Sorge.
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Obwohl die Rettung von Bear Stearns eine Phase relativer Stabilität mit einer Erholung der
Finanzvermögenswerte einläutete, blieben die Interbankmärkte angeschlagen. Die Spreads
zwischen den Sätzen für kurzfristige Kredite bis zu einem Jahr am Interbankmarkt und jenen für
Overnight-Index-Swaps (OIS) verharrten erheblich über dem vor August 2007 verzeichneten
Niveau. Dies spricht dafür, dass die Banken offenbar wenig geneigt waren, sich am
Interbankmarkt zu engagieren. In den Zinsaufschlägen für Interbankkredite zeigten sich eine
gestiegene Liquiditätspräferenz und gleichzeitig Bedenken im Hinblick auf Kontrahentenrisiken.
Dieses gegenseitige Misstrauen der Banken dauerte an, obwohl die Zentralbanken bereits
beispiellose Schritte unternommen hatten, um die Funktionsfähigkeit der Geldmärkte zu
unterstützen und den Ausfall des Interbankmarkts zu kompensieren – etwa über US-Dollar-
Swapkreditlinien der Federal Reserve.
Juli 2007: In den USA brechen zwei Hedgefonds der Investmentbank Bear Stearns, die
stark in mit Immobilien besicherten Wertpapieren investiert haben, zusammen.
März 2008: Die fünftgrößte US- Investmentbank Bear Stearns wird mittels Übernahme
durch den Konkurrenten JP Morgan Chase vor der Zahlungsunfähigkeit bewahrt. Das
Geschäft wird erst durch umfangreiche Garantien der US-Notenbank ermöglicht. Die
Aktie der US-Bank Lehman Brothers verliert stark an Wert, da Vermutungen über
ähnliche Finanzierungsprobleme laut werden.
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Dick Fuld: Der „Teufel“ spielt Unschuldslamm (11.9.09)
: Um Richard Fuld, Ex-Chef von
Lehman Brothers, ist es still geworden. Der Mann, der in der Öffentlichkeit als Schurke,
Bösewicht und Hauptverursacher der Krise gilt, sucht Erholung beim Wandern. Doch unter
der Woche sieht man ihn munter in New Yorker Finanzkreisen. Über Lehman schweigt
Fuld, und das aus gutem Grund.
HB: Der letzte Kampf des Gorillas (11.9.09):
New York, vor einem Jahr: Während Lehman-
Chef Fuld in seinem Büro um sein Leben telefoniert, um noch einen Käufer für seine
marode Bank zu finden, wollen ein paar Kilometer weiter die Chefs der mächtigsten US-
Banken den Zusammenbruch aufhalten – um sich selbst zu retten. Die Geschichte eines
Wochenendes, das die Welt veränderte.
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Die Wahrheit über das Ende von Lehman Brothers: Vor einem Jahr erschütterte die Pleite
von Lehman Brothers den Kapitalismus in seinen Grundfesten. Wie groß das Chaos
damals war, blieb der Öffentlichkeit weitgehend verborgen. Nun packt erstmals der
führende Sanierer von Lehman aus – und sagt, wie sich damals Hunderte Milliarden
Dollar in Luft auflösten.
Legende, die heute um die Lehman-Pleite vom 15. September 2008 herum gestrickt
wird. Die geht ungefähr so: Wie eine Naturkatastrophe hat dieses Ereignis die
Bankenwelt erschüttert. Niemand konnte damit rechnen, dass die US- Regierung eine
große Investmentbank fallen lässt. Sodass die Welt in eine Krise ohne Beispiel rutscht.
Deutsche Banker und Politiker rufen im Chor: Die Amerikaner sind schuld.
Doch die Chronik der Ereignisse zeigt, wie vorhersehbar die Katastrophe war. Bereits
fünf Jahre vor der Lehman-Pleite war die Schieflage des deutschen Finanzplatzes
bekannt. Das Giftvolumen durch unzureichend gedeckte Kredite wurde auf bis zu 300
Mrd. Euro geschätzt. Systematisch versteckten die Banken mit Bilanztricks ihre faulen
Papiere und täuschten damit ihre Aktionäre.
Die Investmentbank Lehman Brothers geriet – als eine langerwartete Kapitalzuführung
Anfang September ausblieb – in Bedrängnis. Spreads für CDS zur Absicherung der
Lehman- Schuldtitel schnellten um fast 200 Basispunkte auf rund 500 Basispunkte
empor, was die Clearingstelle der Bank veranlasste, zusätzliche Befugnisse für die
Verwertung von Sicherheiten zu verlangen, und zur Kündigung kurzfristiger Kredite
durch die Gläubiger führte. Die ohnehin stark angeschlagene Aktie des Unternehmens
brach am Dienstag, dem 9. September, um 45% ein. Der Verfall setzte sich am
folgenden Tag fort, als das schlechte Ergebnis für das dritte Quartal 2008 veröffentlicht
wurde. Trotz der gleichzeitigen Ankündigung von Plänen für das Abstoßen diverser
Geschäftseinheiten schwand das Vertrauen in die Fähigkeit des Unternehmens, sich
dringend benötigte Refinanzierungsmittel zu sichern, rasch dahin. Dies wiederum löste
Spekulationen aus, denen zufolge die Behörden am darauffolgenden Wochenende
(13./14. September) eine Übernahme im Stile derjenigen von Bear Stearns in die Wege
leiten würden.
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Dokumentation aus Kern der Finanzkrise: Lehman hat mit geschickten
Buchungen Liquiditätsprobleme kaschiert
Lange vor der Insolvenz soll die spektakulär untergegangene Investment Bank Lehman
Brother die Bilanzen manipuliert haben, um Liquiditätsprobleme zu verstecken. Das
ergab eine Untersuchung von Anton R. Valukas. In einem 2.200 Seiten umfassenden
Report sind die Ergebnisse dargestellt. Damit liegt erstmals ein umfassendes Dokument
vor, dass tiefe Detaileinsichten in den den Kern der Finanzkrise ermöglicht. Der Bericht
ist derzeit über die
Webseiten des Dealbook der New York Times
abrufbar
(Alternativlinks siehe unten). Ein bemerkenswerter Service. Ob wirklich kriminelle
Handlungen vorliegen, ist derzeit nicht klar und muss ohnehin von einem Staatsanwalt
festgestellt werden. Zur Einordnung:
Mindmaps der Finanz- und Wirtschaftskrise
und
Überblickseite
zu vielen weiteren Beiträgen.
Die Links auf die einzelnen Teilberichte
Medienbeiträge dazu
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HB: Investmentbank: Die irre Arithmetik der Lehman-Pleite (24.3.10):
Die insolvente US-
Investmentbank Lehman Brothers hat weniger Schulden als angenommen. Die Gläubiger
haben zwar Forderungen über rund eine Billion Dollar angemeldet, doch die
Verbindlichkeiten belaufen sich nur auf 200 Milliarden. Die Insolvenz ist hochkomplex.
Im Interview mit dem Handelsblatt erhob Lehman-Chef Bryan Marsal schwere Vorwürfe
gegen Finanzindustrie, Politik und Aufseher – und warnte, vor weiteren Mega-Bankpleiten.
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Der Newsletter
Handelsblatts Finance Today
und die
Presseschau des Handelsblatts
wiesen am 8.1.10 auf Berichte über einen staatlichen Maulkorb für AIG hin. Die Federal
Reserve Bank of New York, die damals vom heutigen US-Finanzministers Timothy
Geithner geleitet wurde, habe Ende 2008 den Versicherungskonzern unter Druck gesetzt,
keine Details zu den Zahlungen an die Banken-Vertragspartner für Swap-Geschäfte
(darunter Goldman Sachs und Deutsche Bank) zu geben. Weiter schreibt der Newsletter:
“Dass AIG die entsprechenden Infos zu den Zahlungen veröffentlichen wollte, dann
aber von den Fed-Aufsehern zurückgepfiffen worden sei, zeigt nach Einschätzung des
Wall Street Journal, dass Geithner Angst vor politischen Folgen und persönlichen
Karriere-Hürden gehabt habe. In einem weiteren AIG-Artikel greift Bloomberg die
Regierung an. Die AIG- Führung habe 2009 darauf beharrt, künftig in Cash statt
teilweise in Aktien bezahlt zu werden, und dies damit begründet, dass die Aktien des
eigenen Unternehmens wertlos seien. Aus heutiger Sicht stelle sich die Frage, warum
der Versicherungskonzern dennoch in seinen Geschäftsberichten von Milliarden an
Common Shareholder Equity sprechen durfte, obwohl die Aktien angeblich wertlos
seien. Und ob die Börsenaufsicht geschlafen habe.”
DealBook, ein Blog der New York Times, veröffentlichte dazu die nachfolgenden E-Mails
(Dokument kann auch
über diesen Link eingesehen
werden):
Spiegel Titel "Die gefährlichste Firma der Welt - Wie ein Versicherungskonzern zum
größten Risiko für die Weltwirtschaft wurde".
182 Milliarden Dollar Staatshilfe für ein Unternehmen, das nur noch 6,6 Milliarden Dollar
wert ist - der Versicherungskonzern AIG war das Rückgrat der Weltwirtschaft, jetzt ist er
zum Paradebeispiel einer Krisenpolitik geworden, die Managerversagen mit
Staatsgeldern belohnt.
AIG hielt bekanntlich ein CDS- Portfolio im Nennwert von über $ 440 Mrd. – vielfach
Absicherungen für Portfolios ihrer Kundenbanken im Stil von Monoline-
Versicherungen. Dank diesem Hilfspaket, das in den folgenden Monaten wiederholt
restrukturiert und ausgeweitet wurde, konnte ein unkontrollierter Zusammenbruch von
AIG abgewendet werden.
Juli 2007: Die Düsseldorfer IKB Industriebank, die Sachsen LB, die WestLB und die
BayernLB haben aufgrund von Fehlspekulationen am US- Immobilienmarkt
Liquiditätsengpässe. Im Zuge einer Rettungsaktion für die IKB übernimmt die staatliche
KfW-Bank, Hauptanteilseignerin der IKB, am 30. Juli Kreditzusagen über etwa acht Mrd.
Euro an amerikanische Anlagegesellschaften.
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Trotz der massiven Eingriffe seitens der Politik bleiben zwei Kernprobleme. Einerseits
befinden sich weiterhin Risikoaktiva in den Bilanzen. Andererseits besteht für viele
Finanzinstitute ein grundlegender Restrukturierungsbedarf, da diese nicht nur
problembehaftete Risikopositionen halten, sondern typischerweise auch
kein
zukunftsorientiertes Geschäftsmodell aufweisen. Gerade bei den Landesbanken
bestehen ernstzunehmende Problemfelder fort:
Selbst wenn die toxischen Wertpapiere abgeschrieben würden, befänden sich weiterhin
geballte Risiken in den Bilanzen. Die risikoreichen Aktiva übersteigen das Kernkapital der
meisten Landesbanken um ein Vielfaches (Schaubild 28). So sind viele Landesbanken in
ge-werblichen Immobilien engagiert, auf die sich die Marktrisiken gerade in den
vergangenen Monaten verlagert haben. Zudem sind einige Institute im großen Stil in der
Schiffsfinanzierung tätig. Die Landesbanken nutzten die Subvention durch den
Steuerzahler, um weltweit Werften zu finanzieren, und sind nun diesem hoch-zyklischen
Geschäft ausgesetzt.
Noch eine Spur riskanter hatten die Sächsische Landesbank (Sachsen LB) und der
Mittelstandsfinanzierer IKB (Deutsche Industriebank) operiert: Sie betrieben
Zweckgesellschaften im Ausland (Rhineland Funding bzw. Ormond Quay), die -
ähnlich wie die Hypo Real Estate - langfristig verbriefte Kredite kauften, die sie mit
kurzfristigen Einlagen finanzierten. Durch die rechtliche Auslagerung liefen diese
Aktivitäten außerhalb der Bankbilanz, wodurch die gesetzlichen Vorschriften bezüglich
Eigenkapitalunterlegung und Bankenaufsicht umgangen wurden. Mit dem Fall der
Immobilienpreise in den USA bekamen die Zweckgesellschaften das gleiche
Liquiditätsproblem wie die Hypo Real Estate, und da die IKB und die Sachsen LB ihren
Zweckgesellschaften hohe Kreditlinien für mögliche Liquiditätsausfälle eingeräumt
hatten, die nun in Anspruch genommen wurden, wurden beide Banken illiquide und
von ihren Zweckgesellschaften mit in den Abgrund gerissen.
Doch die Chronik der Ereignisse zeigt, wie vorhersehbar die Katastrophe war. Bereits
fünf Jahre vor der Lehman-Pleite war die Schieflage des deutschen Finanzplatzes
bekannt. Das Giftvolumen durch unzureichend gedeckte Kredite wurde auf bis zu 300
Mrd. Euro geschätzt. Systematisch versteckten die Banken mit Bilanztricks ihre faulen
Papiere und täuschten damit ihre Aktionäre.
Banken, Kontrollinstanzen, Finanzpolitiker: Alle wussten Bescheid, alle halfen beim
Versteckspielen. Die Beamten in Aufsichtsbehörden und Finanzministerien betrieben
routiniert ihr Berichts- und Meldewesen, registrierten, lochten, hefteten ab.
Aufsichtsräte und Wirtschaftsprüfer schauten weg. "Deutschland war Weltmeister in
riskanten Bankgeschäften", resümiert EU- Kommissar Günter Verheugen. "Nirgendwo
auf der Welt, auch nicht in Amerika, haben sich Banken mit größerer Bereitschaft in
unkalkulierbare Risiken gestürzt - allen voran die Landesbanken."
Weitere Berichte
HB: Deutschen Banken droht neue Krise (17.8.09):
Ist das Ende der Finanzkrise in
Sichtweite? Weit gefehlt, meint Bundesbankpräsident Axel Weber. Er sieht die deutschen
Banken und Sparkassen noch längst nicht über den Berg. Zwar sei die erste Runde von
Verwerfungen in den Bankbilanzen durch Schrottpapiere wohl vorüber. Doch die
nächsten Schwierigkeiten lägen noch vor den Kreditinstituten.
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In Europa war der Hypothekenkäufer Hypo Real Estate (HRE) eines der ersten Opfer des
Marktzusammenbruchs bei strukturierten Produkten. Das Geschäftsmodell der HRE beruhte im
Kern auf kurzfristigen Einlagen institutioneller Anleger, mit denen sie langfristig laufende
Kreditverbriefungen kaufte. Praktisch funktioniert ein solches Geschäftsmodell, solange die
Zinsen bei langfristigen Krediten deutlich höher sind als bei kurzfristigen Einlagen. Um die
Eigenkapitalrendite hoch zu halten, arbeitete die Hypo Real Estate mit sehr hohem Kredithebel:
Auf einen Euro Eigenkapital kamen 50 Euro Fremdkapital - die Balance zwischen Rendite und
Sicherheit war vollkommen aus dem Ruder gelaufen. Als die Kunden die Risiken wahrnahmen und
ihre kurzfristigen Einlagen abzogen, kam es zum Zusammenbruch: Die Einlagen waren in jetzt
unverkäuflichen Verbriefungen gebunden, Kasse und Eigenkapital waren kaum vorhanden, und
auch Anschlussfinanzierungen gab es keine, da niemand bereit war, der Bank noch Geld zu
leihen.
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Am Sonntagabend Ende Juli 2007 gibt die IKB eine Horrormeldung heraus: Die staatliche KfW
muss die IKB mit 8,1 Mrd. Euro stützen - die erste große Staatsrettung im deutschen Banken-
Crash. Im IKB-Aufsichtsrat sitzt Jörg Asmussen, Steinbrücks Abteilungsleiter. Als
Krisenmanager bestellt der Aufsichtsrat ausgerechnet Reinhard Grzesik, einen ehemaligen
Finanzmanager der HRE-Tochter Depfa in Irland. Dort war er nicht in der Lage, den
Liquiditätsbedarf sauber zu ermitteln.
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Der Spiegel: SPIEGEL-GESPRÄCH “Das ist ein Wahnsystem” (6.4.09):
Der zurückgetretene
schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Werner Marnette (CDU) über die Gründe seines
Abgangs, die Grabenkämpfe im Kieler Kabinett und den leichtfertigen Umgang der Politik mit
den Milliardenrisiken der teilweise landeseigenen HSH Nordbank.
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Dublin, Georges Quay, August 2007 Den Dubliner Managern der Sachsen LB geht das Geld für
die Refinanzierung aus. Am 17. August muss ein Bankenpool die Sachsen LB retten. Wie bei
der IKB reichen die Zahlungen nicht. Bald kommen neue Notrufe. Die LBBW erklärt sich bereit,
die Sachsen LB zu übernehmen.
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Spiegel: Die neue Bundesbank (12.1.09)
: Mit dem Einstieg des Staats bei der Commerzbank
erreicht die Wirtschaftskrise einen neuen Höhepunkt. Die Regierung feiert als Erfolg, was
vor kurzem noch undenkbar schien. Sie will mit allen Mitteln die Versorgung der
Wirtschaft mit Krediten sicherstellen. Doch der Preis ist hoch.
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HB: Ex-IKB-Chef vor Gericht: Kollektives Versagen ja, Schuld nein (16.3.10):
Stefan
Ortseifen ist die personalsierte Finanzkrise. Er war damals der Chef der IKB, die als erstes
Institut hierzulande in den Sumpf gezogen wurde. Doch Ortseifen hatte lange behauptet,
dass es der Bank gut ginge. Ob zu lange, wird seit heute vor Gericht verhandelt. Er sieht
sich nicht schuldig. In seinen Augen gibt es einen ganz anderen Verantwortlichen.
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Düsseldorf, Berliner Allee, Dezember 2007 Prüfungssaison in den Banken. In einer Minibank,
der Düsselhyp, übersteigt der Zinsaufwand den Zinsertrag um 700 Millionen Euro. Die
Aufsichtsbeamten registrieren es unbekümmert wie Notare. Im April 2008 ist das Institut pleite.
Auf Initiative der Aufsicht werden die Problemwerte in die Resba- Beteiligungsgesellschaft in
Berlin ausgelagert - wieder eine Bad Bank.
Zur Stützung bringen der Einlagensicherungsfonds und ein Bankenkonsortium 1,57 Mrd. Euro
auf. Später fragt der Bundestagsuntersuchungsauschuss, welche Konsequenzen der Fall für die
Risikoanalyse hatte. Klaus-Dieter Jakob, Münchner Regionalbereichsleiter der Bundesbank,
erklärt: "Es gab aus meiner Kenntnis keine allgemeinen Schlussfolgerungen, die aus dem Fall
der Düsselhyp gezogen wurden."
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Islands Finanzelite am Pranger - Eigner plünderten Kaupthing: Die größten Aktionäre der
havarierten Kaupthing Bank waren zum Zeitpunkt der Bankpleite auch deren größte
Schuldner. Das geht aus einem erst jetzt an die Öffentlichkeit gelangten Dokument hervor.
Quelle: FTD v. 4.8.09
Die im Oktober 2008 unter Zwangsverwaltung gestellte Bank ist nach eigener Mitteilung vom
Freitag mit ausreichend Mitteln ausgestattet, um deutsche Anleger auszuzahlen. Sie hatten
insgesamt rund 308 Mio. Euro bei der deutschen Niederlassung der isländischen Bank
angelegt. Quelle:
FTD: v. 20.4.09
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April 2007: Der Hypothekenfinanzierer New Century Financial, einer der größten US-
Hypothekenfinanzierer im Subprime- Segment, beantragt Insolvenz.
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September 2007: Die britische Hypothekenbank Northern Rock gerät in einen akuten
Liquiditätsengpass. Zahlreiche Anleger fürchten um ihre Einlagen, es kommt zu einem
bank run. Die Regierung und die Bank von England garantieren die Einlagen. Im Februar
2008 wird der britische Baufinanzierer letztendlich vom Staat übernommen.
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HB: Freddie Mac und Fannie Mae droht Aufspaltung (2.9.09):
Bei den beiden großen
staatlich kontrollierten US-Hypothekenfinanzierern naht eine Zeitenwende: Der Verband der
US-Hypothekenbanken hat sich laut einem Medienbericht für eine Aufspaltung von Freddie
Mac und Fannie Mae ausgesprochen.
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So komplex reale CDOs auch sind, letztlich basieren sie auf einem einfachen Prinzip:
Durch das Mischen von Krediten werden die statistischen Ausfallrisiken minimiert. Bei
zwei Hypotheken über 10 000 Euro, die jeweils mit einer Wahrscheinlichkeit von zehn
Prozent platzen, funktioniert das so: Eine Investmentbank bündelt beide Darlehen, so
dass ein Kreditportfolio in Höhe von 20 000 Euro entsteht. Dieses wird dann neu in zwei
Hälften aufgeteilt - in die "Junior-" und die "Senior-Tranche". Diese werden an andere
Investoren - zum Beispiel deutsche Landesbanken - weiterverkauft. Wer die Junior-
Tranche hält, bekommt höhere Zinsen, ist aber gleichzeitig einem höheren Risiko
ausgesetzt. Sobald nur einer der beiden 10 000-Euro-Kredite platzt, bekommt der Halter
der Junior-Tranche kein Geld mehr zurück. Die Senior-Tranche dagegen wird so lange
bedient, wie mindestens einer der beiden Hypotheken-Schuldner seinen Kredit
zurückbezahlt.
Der Clou des Verfahrens: Das Kreditrisiko der "Senior-Tranche" fällt drastisch. Es liegt
laut Wahrscheinlichkeitsrechnung nur noch bei einem Prozent und nicht mehr - wie bei
den Einzeldarlehen - bei zehn Prozent. Voraussetzung dafür ist, dass die
Ausfallwahrscheinlichkeiten der beiden Hypotheken unabhängig voneinander sind, sich
also nicht gegenseitig beeinflussen.
Noch interessanter wird es, wenn man die Junior-Tranchen zweier solcher CDOs
miteinander verschneidet. Dann entsteht ein "quadratisches CDO". Dessen Senior-
Tranche hat dank den Gesetzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung nur noch ein
statistisches Ausfallrisiko von 3,6 Prozent. Noch gründlicher lassen sich Risiken
wegzaubern, wenn man nicht zwei, sondern viele Kredite bündelt. Dann steigt der Anteil
der scheinbar sicheren Tranchen überproportional an. Dank der theoretisch extrem
geringen Risiken bekamen solche CDOs von den Ratingagenturen oft die Bestnote "AAA".
Auf dem Papier waren sie so sicher wie US- Staatsanleihen.
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Die Befürchtungen hinsichtlich der Konsequenzen der Insolvenz von Lehman Brothers
hatten sich zunächst auf die Rolle der Bank als Makler und Referenzschuldner am CDS-
Markt (d.h. als Quelle des Ausfallrisikos, gegen das sich Sicherungsnehmer versichern)
konzentriert. Demgegenüber erwiesen sich aber Engagements in den Schuldtiteln von
Lehman Brothers als verhängnisvoller. Drei Ereignisse halfen nämlich, die Teilnehmer am
CDS-Markt gegen die Konsequenzen des Lehman- Konkurses abzuschirmen. Erstens
wurde am Sonntag, dem 14. September – unmittelbar vor Einreichung des
Insolvenzantrags –, eine außerordentliche Handelssitzung anberaumt. Ziel war es, den
führenden CDS-Händlern die Möglichkeit zu geben, Positionen und Gegenpositionen
mit Lehman Brothers glattzustellen und ihre Bücher durch den Abschluss von
Ersatzgeschäften auszugleichen. Zweitens stützte die US-Regierung am 16. September
den Versicherungskonzern AIG mit einem Rettungspaket.
Ferner gelang es auf diese Weise zu verhindern, dass in einem bereits sehr labilen
Umfeld CDS- Risiken wieder in die Bilanzen der Kundenbanken zurückverlagert wurden.
Drittens stellte sich heraus, dass CDS- Engagements, die sich auf Lehman Brothers
bezogen, weniger umfangreich waren als befürchtet.
Letztlich erforderten sie vergleichsweise bescheidene Nettoausgleichszahlungen in Höhe
von etwa $ 5,2 Mrd., welche Ende Oktober reibungslos abgewickelt werden konnten.
Somit erwies sich die Infrastruktur des CDSMarktes als recht widerstandsfähig. Dessen
ungeachtet hatte die mangelnde Transparenz dieses Marktes in den Tagen unmittelbar
vor dem Insolvenzantrag zur Unsicherheit über die zu treffenden Maßnahmen
beigetragen sowie die bereits bestehenden Belastungen an den Refinanzierungsmärkten
verschärft.
In der aktuellen Krise bildeten unter anderem die Schwierigkeiten der amerikanischen
Kreditversicherer ("Monoliner") eine negative Überraschung. Die Monoliner hatten
strukturierte Wertpapiere über 2 Billionen Dollar versichert; und als die Monoliner in eine
schwere Krise gerieten und die strukturierten Wertpapiere schlechtere Ratings erhielten,
wurden viele dieser Papiere panikartig und mit hohen Verlusten verkauft (siehe auch
Herabstufung der Monoliner besorgt die Finanzmärkte). "Im Nachhinein erscheint es
klar, dass die Versicherungen strukturierter Wertpapiere durch die Monoliner das Risiko
der Banken nicht reduzierte, weil das Risiko der Gegenpartei nahezu perfekt mit den
Wertpapieren korreliert war", stellen die Autoren fest. "Aber zu jener Zeit war das nicht
offensichtlich, denn die meisten verwendeten Finanzinstrumente waren noch nicht in
einer schweren Krise getestet worden."
Weitere Berichte
FTD: Wettregeln am CDS-Markt werden überprüft (14.7.09):
Warren Buffett bezeichnete
Kreditderivate als “Massenvernichtungswaffen”. Seit dem Zusammenbruch von Lehman
Brothers hat der CDS-Handel einen schlechten Ruf. Jetzt ermittelt das US-
Justizministerium – und will wissen, ob die Banken unfaire Vorteile genießen.
HB: Die Banken werden wieder rückfällig
(8.7.09): Krise? Welche Krise? Die Entspannung
auf den Finanzmärkten hat dazu geführt, dass einige Banken in ihre alten
Verhaltensmuster aus der Zeit vor der Krise zurückfallen. Das Kasino ist wieder offen, die
Kugel in den Finanzzentren rollt. Notenbanker und Politiker betrachten das mit
wachsender Sorge.
Telepolis: Massenvernichtungswaffe Swap (29.06.09):
Derivate-Supergau ante portas?
Waren bis 2001 Kredite, die von Finanzinstitutionen ausgegeben wurden, durch
Bankgarantien gegen Verluste geschützt, so wurden sie danach durch Versicherungen
besichert. Diese neue billigere Form des Ausfallschutzes führte zu einem ungeahnten
Boom beim Subprime-Markt, dessen Marktvolumen von 500 Milliarden US-Dollar bis auf
3 Billionen US-Dollar im Jahr 2008 anstieg. Als neue Besicherungsform wurden Credit
Deposit Swaps (CDS) verwendet, die als unregulierte Derivate mit hohen Hebeln scheinbar
die Risiken aus dem Markt nahmen, in Wahrheit jedoch ein Schuldenbabylon ungeahnten
Ausmaßes ermöglichten. Von den drei Kategorien an Derivaten: Futures, Optionen und
Swaps sind die letzteren jedoch die gefährlichsten für die internationalen Finanzmärkte.
Sie sind die eigentlichen Massenvernichtungswaffen, deren Umfang mittlerweile die
Größenordnung des Weltbruttosozialproduktes übersteigt.
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Die systemweiten Auswirkungen der von Geldmarktfonds eingegangenen Engagements wurden
offenkundig, als ein großer US-Fonds, Reserve Primary, Schuldtitel von Lehman Brothers in
Höhe von mehr als $ 780 Mio. abschreiben musste (s. Kasten). Reserve Primary war damit der
erste bedeutende Geldmarktfonds, dessen Nettoanlagewert unter die eingezahlten Mittel fiel
(„break the buck“-Effekt).
BIZ Quartalsbericht: Die Repo-Märkte während der Finanzmarktturbulenzen (12/2008):
Als
sich die Finanzkrise verschärfte und die unbesicherten Interbankmärkte faktisch zum Erliegen
kamen, konzentrierte sich die Aktivität an den Repo-Märkten zunehmend auf das sehr
kurzfristige Segment und auf Sicherheiten höchster Qualität. Die Repo-Sätze für US- Schatztitel
als Sicherheit fielen im Verhältnis zu Overnight-Index-Swapsätzen, während die Repo-Sätze
für vergleichbare Staatspapiere im Euro-Raum und im Vereinigten Königreich anstiegen. Die
Diskrepanz in der Marktdynamik spiegelte u.a. unterschiedlich starke Marktstörungen sowie
das jeweilige Ausmass der Knappheit von Staatstiteln für die Besicherung wider.
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Die systemweiten Auswirkungen der von Geldmarktfonds eingegangenen Engagements wurden
offenkundig, als ein großer US-Fonds, Reserve Primary, Schuldtitel von Lehman Brothers in Höhe
von mehr als $ 780 Mio. abschreiben musste (s. Kasten). Reserve Primary war damit der erste
bedeutende Geldmarktfonds, dessen Nettoanlagewert unter die eingezahlten Mittel fiel („break the
buck“-Effekt).
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Die Ausfälle bei Lehman wiederum löste die Rückgabe von US-Geldmarktfondsanteilen in
Rekordhöhe aus – vergleichbar mit dem „Run“ auf eine Bank – wodurch die Fondsmanager
dazu gezwungen waren, an praktisch illiquiden Märkten Vermögenswerte zu verkaufen.
Dabei variierte das Ausmaß der Belastung je nach Fonds. Weil Geldmarktfonds an den
Märkten für Commercial Paper (CP) und Einlagenzertifikate der Banken eine zentrale
Anlegergruppe darstellen, wurden auch diese Märkte rasch in Mitleidenschaft gezogen,
wobei unbesicherte Finanztitel die größten Abflüsse verzeichneten. Ingesamt ging das
CP-Volumen in den USA von rund $ 1,76 Bio. am 10. September in den Wochen bis zum
22. Oktober um mehr als $ 325 Mrd. zurück. Ausländischen Banken und US- Instituten
ohne Einlagengeschäft kam dadurch eine bedeutende Finanzierungsquelle abhanden –
gerade zu einem Zeitpunkt, als sie ihre Geldmarktfonds stützen (bzw. in ihre Bücher
nehmen) mussten. Infolgedessen kam es zu einem kräftigen Anstieg der Nachfrage nach
US- Dollar-Interbankmitteln, was wiederum die Märkte für kurzfristige Kredite und die
Geldmärkte austrocknen ließ.
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16.5.09
Die Banken vertrauen sich wieder
Und die Banken vertrauen sich doch. Seit letztem Herbst, genauer seit dem Kollaps der
Investmentbank Lehman Brothers, war die Kreditvergabe unter den Instituten beinahe
völlig zum Erliegen gekommen. Jetzt bessert sich die Stimmung: Die Raten, zu denen die
Institute untereinander Kredite vergeben, sinken deutlich.
Weltweit bekamen immer mehr Banken ähnliche Liquiditätsprobleme wie in den drei
geschilderten Fällen. Nun griffen die typischen systemischen Risiken im Finanzsektor:
Banken haben sich untereinander in erheblichem Umfang Kredite gewährt und sich
gegenseitig strukturierte Wertpapiere verkauft. Die Unsicherheit, ob ein potenzieller
Kreditnehmer seine Kredite zurückzahlen kann (counterparty-risk), wuchs in der Krise
massiv an. Da niemand genau wusste, wie stark andere Banken bei "faulen Krediten"
engagiert waren, bei Krediten also, deren Rückzahlung fraglich bzw. unwahrscheinlich ist,
sank die Bereitschaft, sich gegenseitig Kredit zu gewähren oder Wertpapiere abzukaufen
erheblich.
Mit der Pleite der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im September 2008
wurde eine neue Qualität der Krise erreicht, da jetzt auch die Zuversicht schwand, der
Staat würde keine große Bank Pleite gehen lassen. Bei allen Finanzinstitutionen setzte
eine fieberhafte Suche nach Risiken in den eigenen Bilanzen ein, auch das Vertrauen in
andere Banken war zerstört. Als Folge des gegenseitigen Misstrauens brach der Markt für
Zentralbankgeld zwischen Geschäftsbanken (Geldmarkt) zusammen; Kredite wurden
kaum noch vergeben, und wenn, dann zu extrem hohen Zinsen. Auf dem vorläufigen
Höhepunkt der Krise erreichte die Angst vor einem Bankzusammenbruch die privaten
Bankkunden, die nun um ihr Geld fürchteten - das Risiko eines bank run stieg
dramatisch an; Kunden zogen ihre Einlagen bei Banken ab.
Mit dem Antrag von Lehman Brothers Holdings Inc. auf Insolvenzschutz nach US-
Konkursrecht (Chapter 11) am Montag, dem 15. September, bekam die Krise eine neue
Qualität. Damit eskalierten die Finanzmarktturbulenzen, die viele für kurzfristig und
verkraftbar gehalten hatten, zu einer veritablen globalen Krise. In Anbetracht dieser
Eskalation drohte plötzlich einer wachsenden Zahl von Finanzinstituten die Insolvenz.
Die dadurch ausgelöste Vertrauenskrise breitete sich rasch über die einzelnen Märkte
und Länder aus. Damit wurde klar, dass Liquiditätssicherung allein nicht mehr
ausreichte, sondern umfassendere staatliche Maßnahmen notwendig waren,
einschließlich systemweiter Bankrekapitalisierungen. Zugleich hatten die Märkte
aufstrebender Volkswirtschaften mit Exporteinbrüchen und sich verschärfenden
Finanzierungsbedingungen zu kämpfen, was den universellen Charakter der Krise und
die Notwendigkeit global ausgerichteter Gegenmaßnahmen immer stärker verdeutlichte.
Das Wissen um den Liquiditätsbedarf einer Bank verschlechtert die Refinanzierung.
Wird das Reputationsrisiko zum Hauptrisiko, zögern Banken, sich am Geldmarkt
einander Geld zu leihen. Da auf Grund der gigantischen Akkumulation von
Problemkrediten keine Bank genau weiß, welche Risiken sie durch CDOs in den Bilanzen
hat, werden "Kriegskassen" angelegt.
TP: Wo ist die Bank, der man vertrauen kann? (20.4.09):
Über Geld spricht man (doch) –
Wie sieht die Bank der Zukunft aus? – Teil 1 Folgende einfache Frage kreist seit längerem
orientierungslos im Orbit einer durch die Finanzkrise aufgewühlten menschlichen
Gefühlswelt: Wie sieht – oder besser wie sähe – die wasserdichte und krisenfeste Bank der
Zukunft aus, der Anleger und Kreditnehmer wieder vertrauen können. Die Kernthese
lautet: Machtlose Kunden könnten ihre Interessen mit Hilfe von Social Banking bündeln –
und zur vierten Säule unseres deutschen Finanzwesens heran reifen.
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Die Ertragslage der Finanzinstitute verschlechterte sich im vergangenen Jahr deutlich. Die
Wertberichtigungen nahmen im Vergleich zu dem in der Anfangsphase der Krise vor März 2008
verzeichneten Niveau erneut zu, die Einnahmen gingen zurück, und die Refinanzierungskosten
stiegen weiter sprunghaft an. Die Krise erfasste nach und nach ein breites Spektrum von
Instituten in zahlreichen Ländern. Die Schwierigkeiten des Finanzsystems wurden durch den
Rückkopplungseffekt eines globalen Konjunktureinbruchs verstärkt, durch den die Bilanzen und die
Ertragslage weiter extrem belastet wurden.
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Im Juni 2008 kamen erneut schwerwiegende Bedenken hinsichtlich der Eigenkapitalausstattung
der Banken auf, nachdem Meldungen über in Schwierigkeiten geratene Monoline-Versicherer die
Runde gemacht hatten. Zu Monatsbeginn hatten Moody’s und Standard & Poor’s mit MBIA und
Ambac zwei führende Monoline-Versicherer herabgestuft, und in den Wochen darauf folgte eine
Reihe weiterer Versicherer. Die Herabstufungen ließen Wertberichtigungen bei u.a. von Banken
gehaltenen und durch diese Gesellschaften versicherten Papieren befürchten; hinzu kamen
Meldungen über die schwache Ertragslage bei Investmentbanken. Infolgedessen kam es ab Mitte
Juni auf breiter Front zu einem Rückgang an den Kredit- und Aktienmärkten, wobei Finanzwerte
den Rückgang der marktbreiteren Indizes anführten.
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Eine Reihe von Banken erfüllten die Kapitalvorschriften auf eher opportunistische Weise. Einige
brachen mit bestehenden Gepflogenheiten und überraschten die Anleger dadurch, dass sie
nachrangige Schuldtitel vor der vertraglichen Erhöhung der Zinszahlung nicht kündigten und es
also vorzogen, höhere Zinsen für diese Schuldtitel zu zahlen, anstatt neue Schuldtitel am Markt
zu emittieren. Andere Banken profitierten von den niedrigen Preisen am Sekundärmarkt und
kauften eigene Schuldverschreibungen zurück. Die Differenz zwischen dem Marktpreis und dem
Buchwert dieser Verbindlichkeiten führte zu einem Anstieg der Kernkapitalpolster. In Anbetracht
der ungenügenden Eigenmittelunterlegung, die aus den von den Aufsichtsinstanzen durchgeführten
Stresstests der Bilanzen großer US-Banken hervorging, kündigten verschiedene Institute für das
zweite Halbjahr 2009 Rekapitalisierungspläne an.
Die Schwierigkeiten der Banken, Kapitalpolster in einer Höhe aufrechtzuerhalten, die die Anleger,
Gegenparteien und Aufsichtsinstanzen zufriedenstellt, zeigen, dass die Wechselwirkung zwischen
der Verfügbarkeit von Kapital und der Unsicherheit über Marktrisiken stark prozyklisch sein kann.
Die Ungewissheit über die künftige Ertragslage und die Angst vor weiteren Verlusten nährten
gerade zu einer Zeit, als die Banken verstärkt Wertberichtigungen verkraften mussten, die
Forderung nach besserer Absicherung. Ebenfalls aufgrund dieser Ungewissheit geht zudem das
Kapitalangebot für Banken in Zeiten massiven systemweiten Drucks genau dann zurück, wenn die
Mittel am dringendsten benötigt werden. Diese Erfahrungen sprechen klar dafür, Anreize für
Institute zu schaffen, in guten Zeiten Eigenkapitalpolster aufzubauen, auf die in schwierigeren
Perioden zurückgegriffen werden kann.
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Die höheren Refinanzierungskosten zwangen die Banken, die Aktivseite ihrer Bilanzen zu
verkürzen. Die effektive Fremdfinanzierung der Banken ist seit dem vor 2007 erreichten Höhepunkt
rückläufig, wenngleich der Effekt auf das Volumen der insgesamt gewährten Kredite in
aggregierten Statistiken nicht so leicht erkennbar ist.
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Die Banken haben nämlich ihre Kreditvergabekonditionen in den ersten drei Phasen der Krise
generell für alle Arten von Krediten verschärft, wobei Kredite (einschl. Hypothekenkrediten) an
private Haushalte wohl am stärksten betroffen waren (Grafik III.4 unten). Im Bereich des
Neugeschäfts blieb das Kreditwachstum jedoch trotz der Verschärfung der
Kreditvergabekonditionen in den ersten Phasen der Krise vor allem aufgrund von Sonderfaktoren
robust.
Erstens drängten die Märkte und Aufsichtsinstanzen zur Konsolidierung des zuvor
außerbilanziellen Engagements in Verbriefungsinstrumenten. Dadurch kam es tendenziell zu
Bilanzverlängerungen ohne eine entsprechende Ausweitung der Kreditvergabe. Zweitens schöpften
Kreditnehmer in Erwartung einer bevorstehenden Kreditverknappung Kreditlinien, die ihnen vor
Beginn der Krise – oft zu sehr günstigen Bedingungen – gewährt worden waren, vorsorglich aus.
Als in späteren Phasen die Krise auf die Realwirtschaft übergriff, kam es dann auch aufgrund
nachlassender Nachfrage zu einem rückläufigen Wachstum der Kreditvergabe. Die Unternehmen
und privaten Haushalte konzentrierten sich verstärkt auf Kapitalerhalt sowie auf die Bewältigung
von Überkapazitäten und hohen Schuldenquoten. Die stetig steigenden Kreditkosten der
Kreditgeber und die Zunahme der Ausfälle lassen vermuten, dass die Korrektur bei Weitem noch
nicht abgeschlossen ist. Denkbar ist auch, dass das Kreditwachstum in der Anfangsphase der
wirtschaftlichen Erholung weiter zurückgehen wird.
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Hedge-Fonds haben die Dynamik der Krise nicht maßgeblich beeinflusst, waren
umgekehrt aber stark von ihr betroffen – sowohl im Hinblick auf die Wertentwicklung
ihrer Anlagen als auch in Bezug auf ihre Refinanzierungsbedingungen. Daher geriet eine
Reihe von Fonds in große Bedrängnis.
Die Ertragslage der Hedge-Fonds war im vergangenen Jahr so schlecht wie kaum jemals
zuvor. Aufgrund der einbrechenden Erträge an den Kapitalmärkten und der höheren
Refinanzierungskosten wiesen praktisch alle Anlagestrategien und Dachfonds negative
Finanzergebnisse aus. Zudem belasteten die allgemeine Liquiditätsverknappung an den
Märkten und der Rückzug der Anleger aus riskanten Anlagen die Hedge-Fonds schwer.
Die Gegenparteien drängten auf höhere Transaktionsmargen, und Anleger zogen Mittel in
noch nie dagewesenem Umfang ab, wodurch die Branche stark schrumpfte. Die
verwalteten Vermögenswerte gingen im zweiten Halbjahr 2008 um schätzungsweise mehr
als ein Drittel zurück, wobei die schlechte Wertentwicklung und Kapitalentnahmen
gleichermaßen eine Rolle spielten. Mehrere Fonds wurden geschlossen. Viele
Fondsmanager versuchten, durch Einschränkungen der Entnahmemöglichkeiten Kapital zu
halten, und verlängerten dadurch die effektiven Sperrfristen ihrer Anleger.
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Am stärksten betroffen waren einzelne Gesellschaften, die Kreditrisikoversicherungen anboten.
Sog. Monolines, die auf die Bereitstellung von Kreditgarantien spezialisiert sind, gerieten
nachhaltig unter Druck, und nur das Eingreifen der Aufsichtsinstanzen verhinderte Konkurse in
großem Maßstab. Mit schwindender Kreditwürdigkeit der Schuldner nahmen die Bedenken zu, ob
die Monolines in der Lage sein würden, ihre Garantien zu erfüllen. Dies führte bei Banken, die
deren Versicherungsprodukte erworben hatten, zu beträchtlichen Abschreibungen. Der
Beinahezusammenbruch des Versicherungskonzerns AIG stand in direktem Zusammenhang mit
der Absicherung von Kreditrisiken. Parallel zu den rapide steigenden CDS- Spreads stieg der
Wertberichtigungsbedarf drastisch. Die Höhe der Verbindlichkeiten des Konzerns und die zentrale
Rolle, die sein Geschäft mit Kreditderivaten als Gegenpartei am außerbörslichen Markt spielte,
machten wiederholt außerordentliche staatliche Stützungszahlungen erforderlich.
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Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds waren über eine Reihe von Einflusskanälen von
der Krise betroffen. Der Rückgang der Preise von Vermögenswerten und die niedrigeren
langfristigen Zinsen hinterließen auf beiden Seiten ihrer Bilanzen tiefe Spuren. Einzelne
Gesellschaften gerieten durch ihr Engagement im Bereich der Versicherung von Kreditrisiken unter
massiven Druck.
Bei den meisten Versicherungsgesellschaften wirkte sich die Krise hauptsächlich auf die
Wertentwicklung ihrer Anlagen und weniger auf die Prämieneinnahmen aus. Auch die
unmittelbaren Auswirkungen der Krise auf den Absatz von Versicherungsprodukten dürften sich in
Grenzen gehalten haben. Die Lebensversicherungsprämien stiegen, wenn auch langsamer als in
früheren Jahren, während die Nichtlebensversicherungsprämien stagnierten. Dieser Trend dürfte
sich aber kaum fortsetzen, wenn Kunden mit Liquiditätsproblemen ihre Versicherungspolicen zu
kündigen beginnen. Bislang sind die Konsequenzen der Kapitalmarktkrise in erster Linie an der
Wertentwicklung des Finanzanlageportfolios zu sehen, nämlich an Verlusten, die die
Versicherungsgesellschaften infolge der in den unterschiedlichsten Anlagekategorien
einbrechenden Kurse erlitten. Einzelne Gesellschaften verzeichneten zudem erhebliche Einbußen
bei Anlagen im Zusammenhang mit Subprime-Hypotheken. Für die
Lebensversicherungsgesellschaften bedeutete der Rückgang der langfristigen Renditen auch einen
Anstieg der Verbindlichkeiten aus Policen mit langer Laufzeit. Die Verluste in der
Versicherungsbranche wurden im Vergleich zu den Bankinstituten zeitverzögert bekannt gegeben,
was u.a. auf Unterschiede in der Rechnungslegung zurückzuführen ist (die Anlageergebnisse der
Versicherungen werden erst später bilanzwirksam).
Der Wert der Anlagen von Pensionsfonds dürfte im Jahr 2008 um rund 20% gefallen sein. Mit den
steigenden Verbindlichkeiten nahm der Deckungsgrad und damit auch die Risikobereitschaft der
Pensionsfonds rapide ab. Aus diesem Grund schichteten viele Pensionsfonds verstärkt in
Staatsanleihen um. Der Rückzug aus riskanteren Anlagen könnte künftig den Druck auf die
Aktienmärkte erhöhen und ihre Erholung verzögern. Ebenso wirkt sich der Rückgang des
Pensionsvermögens von privaten beitragsorientierten Vorsorgeplänen bzw. betrieblichen
leistungsorientierten Rentensystemen negativ auf das Gesamtausgabenniveau aus.
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Es liegen breite Teile des
Verbriefungsmarkts
weiterhin brach (KfW, 2009a).
Verbriefungen werden aktuell vor allem dazu benutzt, um Sicherheiten für die
Liquiditätstransaktionen mit den großen Zentralbanken zur Verfügung stellen zu
können. In der Vergangenheit haben ausgewählte Segmente der deutschen
Realwirtschaft einschließlich vieler Mittelstandsunternehmen aus der Möglichkeit
der Finanzinstitute zu einer Weitergabe von Kreditrisiken ihren Nutzen gezogen.
Aktuell deutet jedoch wenig darauf hin, dass es zu einer baldigen Erholung bei
entsprechenden Aktivitäten kommen wird.
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Während einerseits die großen Institute schrumpften – aber komplex blieben –, kam es
andererseits zur Gründung kleinerer, hochspezialisierter Unternehmen, z.B. durch Manager,
welche die Branchenführer aufgrund von Restrukturierungen oder einer (vor dem Hintergrund der
Debatte um Managementgehälter im Finanzsektor) befürchteten Reduzierung ihrer Vergütung
verließen. Diese kleineren sog. Investmentboutiquen brechen mit der strategischen
Grundüberzeugung im Bankensektor, wonach Profitabilität in erster Linie durch Konsolidierung zu
erreichen ist. Sollten diese Boutiquen Erfolg haben, könnten sie im Investmentbanking-
Wettbewerb eine Alternative zu den größeren Unternehmen mit einem höheren Integrationsgrad
(einschl. Universalbanken, die große angeschlagene Investmentbanken übernommen haben)
darstellen.
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Innerhalb des Finanzsektors waren die Investmentbanken wohl am stärksten von der Krise
betroffen; in diesem Segment haben die Ereignisse besonders tiefe Spuren hinterlassen. Dies liegt
u.a. daran, dass das Ausmaß der Verluste aufgrund des schwierigen Handels- und
Refinanzierungsumfelds doppelt ins Gewicht fiel. Die Portfolios der Investmentbanken waren
nämlich in großem Umfang in Anlagekategorien investiert, die am nachhaltigsten von der Krise
betroffen waren. Bei umfangreichen Positionen in strukturierten Wertpapieren, darunter auch
höchst riskante Anlagen, und bei nicht abgesicherten Engagements in der Verbriefungspipeline
waren drastische Wertberichtigungen erforderlich. Die Illiquidität der Kapital- und
Refinanzierungsmärkte hatte für das Investmentbanking-Geschäftsmodell insofern besonders
schwerwiegende Konsequenzen, als diese Banken nun nicht mehr die Möglichkeit hatten, durch
eine Erhöhung des Transaktionsvolumens Ertragssteigerungen zu erzielen oder ihre
umfangreichen Verbindlichkeiten kurzfristig und günstig zu refinanzieren.
Branchenbeobachtern zufolge gingen die Nettoeinnahmen bei den größten Investmentbanking-
Geschäften mit dem Zusammenbruch des Marktes im dritten Quartal 2008 gegenüber der
Vorjahresperiode um mehr als 90% zurück. Hiervon waren alle Geschäftsbereiche betroffen. Das
Emissionsgeschäft war im Berichtsjahr insgesamt rückläufig, da weniger Primärmarktemissionen
getätigt wurden, womit auch die damit verbundenen Einnahmen sanken. Noch vergleichsweise
günstig entwickelte sich das Beratungsgeschäft bei Übernahmen und Fusionen, aber auch hier
kam es im ersten Quartal 2009 zu einer Abschwächung.
Das Ende der eigenständigen Investmentbanken hat die Krise an sich und insbesondere ihre
zweite Phase geprägt. Diese Phase stand ganz im Zeichen des Niedergangs von zwei der größten
unabhängigen Investmentbanken: Sie begann mit dem Beinahebankrott von Bear Stearns im März
2008 und endete mit dem Konkurs von Lehman Brothers im September. In den sechs Monaten
dazwischen wurden alle anderen großen Wall-Street-Investmentbanken entweder aufgrund von
massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten von größeren Bankkonzernen übernommen oder sie
beantragten eine Geschäftsbanklizenz, um vom bankenaufsichtlichen Sicherheitsnetz profitieren
zu können. Die Investmentbanking-Geschäfte wurden in der gesamten Finanzbranche – nicht nur
bei den Investmentbanken – zurückgefahren, und es kam zu einem radikalen Stellenabbau. Bei
Bear Stearns und Lehman Brothers wurde im Zuge der Übernahme ihrer Geschäfte durch andere
Institute mehr als die Hälfte der Stellen gestrichen. Die größten Stellenkürzungen gab es in der
Regel bei den Banken mit den größten Verlusten.
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In der aktuellen Situation besteht die Gefahr, dass die in der realwirtschaftlichen
Verschlechterung begründeten Einschränkungen des Kreditangebots durch weitere
Friktionen im Finanzsystem verstärkt werden. Aufgrund der Verluste im Zusammenhang
mit der Finanzkrise besteht hohe Unsicherheit bezüglich der verfügbaren
Eigenkapitalpolster. Zudem ist für die Zukunft mit steigenden regulatorischen
Anforderungen an die Eigenkapital ausstattung zu rechnen, die sowohl die Höhe als auch
die Zusammensetzung der Eigenkapitalbasis betreffen. Schließlich leiden die Banken, die
sich bis zur Krise vor allem auf Großhandelsmärkten, also über Verbriefungen oder
kurzfristige Großkredite anderer Finanzinstitutionen, refinanzierten, unter dem
Wegbrechen dieser Wege der Mittelbeschaffung. In diesen Fällen behindern bilanzielle
Restriktionen das Kreditneugeschäft, selbst wenn der Schuldner eine entsprechend gute
Bonität aufweist.
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Bezeichnend für die nächste Phase der Krise, die Ende Oktober einsetzte, war die
Ungewissheit sowohl hinsichtlich der Stabilität des Finanzsektors als auch hinsichtlich
der Wahrscheinlichkeit einer Vertiefung der weltweiten Rezession. Obwohl es gelungen
war, die globale Vertrauenskrise in den Griff zu bekommen, schnürten die Regierungen
weltweit weiterhin Maßnahmenpakete, um die Funktionsfähigkeit der Märkte
aufrechtzuerhalten und den rapiden Wirtschaftsabschwung abzufedern. Allerdings
blieben – auch aufgrund fehlender Präzisierung – viele Fragen hinsichtlich der
Ausgestaltung, Wirkung und Konsistenz dieser Maßnahmenpakete offen. So wurden die
Finanzmärkte von zunehmend schlechter ausfallenden Konjunkturkennzahlen und
Gewinnmeldungen erschüttert, wobei zwischendurch immer wieder Optimismus
aufflackerte, häufig als Reaktion auf die Ankündigung neuer staatlicher
Maßnahmenpakete.
Als jedoch im Januar 2009 das volle Ausmaß des globalen Wirtschaftsabschwungs
offenkundig wurde, gerieten die Finanzvermögenspreise abermals unter Druck.
Angesichts schwacher Zahlen für das vierte Quartal 2008, die auf den schlimmsten
Konjunktureinbruch seit Jahrzehnten schließen ließen, gingen die Märkte wieder auf
Talfahrt. Infolge geringerer Gewinne sanken die wichtigsten Aktienindizes bis in den
März hinein und fielen schließlich noch unter die Tiefststände vom November 2008.
FAZ: Unternehmensfinanzierung Die große Entschuldung (5.6.09):
Nach einem trostlosen
Winter mit rückläufigen Aktienkursen, kontinuierlichen staatlichen
Finanzmarktinterventionen und schrumpfenden Kreditmärkten zeigen sich nun die ersten
„zarten Triebe“ einer Erholung. Die Aktienkurse sind weltweit gestiegen, amerikanische
Finanzinstitute haben massive Kapitalspritzen privater Investoren erhalten und das
Verbrauchervertrauen hellt sich in den vergangenen Monaten zusehends auf.
FAZ: Die Wirtschaft schrumpft so stark wie nie zuvor (15.5.09):
Die schlimmste
ökonomische Krise seit dem Zweiten Weltkrieg hält ganz Europa in Atem. Das Jahr
startete mit einer massiv rückläufigen Wirtschaftsleistung: das Bruttoinlandsprodukt
schrumpfte im ersten Quartal um 2,5 Prozent. Besonders heftig traf es das exportstarke
Deutschland.
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Das
aktuelle Gutachten des Sachverständigenrats
zur Begutachtung der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung liest sich wie ein gut verständliches Lehrbuch über
die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise. So lernen wir auch ausführlich etwas über die
Mechanismen, wie die Finanzkrise auf die Realwirtschaft wirkt (S. 25 ff.):
Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen und Unsicherheit sorgen für
Anpassung
Finanzkrisen wirken sich auf vielfältige Weise auf realwirtschaftliche Größen aus. Der
zentrale Transmissionskanal besteht hierbei in einer
Verschlechterung der
Finanzierungsbedingungen, die sich ausgehend vom Finanzsystem auf Unternehmen,
Haushalte und in Extremfällen auf staatliche Einheiten ausweitet. Des Weiteren geht der
üblicherweise mit Finanzkrisen verbundene Vermögenspreisverfall mit einer
Einschränkung der Konsum- und Investitionsausgaben einher. Zudem steigt das
Ausmaß
fundamentaler Unsicherheit, mit dem die Wirtschaftssubjekte konfrontiert werden.
Als Reaktion werden Investitions- und Konsumpläne in einer Weise angepasst, die
zu einer zusätzlichen Abschwächung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage führt. Die
Schrumpfung derjenigen Sektoren, die im Vorfeld der Krise besonders stark von den
allokativen Verzerrungen der Finanzkrisen üblicherweise vorausgehenden
Vermögenspreisblasen gewonnen hatten, wirkt weiterhin konjunkturhemmend. Im
Kontext der aktuellen Krise ist davon auszugehen, dass die Kontraktion des Finanzsektors
und des Bereichs Bau- und Wohnungswirtschaft besonders ausgeprägt ausfallen wird.
Schließlich ist zu betonen, dass die der Krise meist folgende
realwirtschaftliche
Schwächephase Rückwirkungen auf das Finanzsystem selbst zeitigt, die sich
dann in einem weiteren Anstieg problembehafteter Kredite und Wertpapiere, in erneuten
Abschreibungen und in verschlechterten Ertragsaussichten bemerkbar machen.
Am Anfang stehen Abschreibungen im Finanzsektor
Die Mechanismen, die der durch Finanzkrisen bedingten Verschlechterung der
Finanzierungsbedingungen für den realen Sektor zugrunde liegen, können vereinfacht wie
folgt beschrieben werden: Am Anfang stehen Wertberichtigungen bei
Finanzinstitutionen, die zu einer Reduktion ihres Eigenkapitals führen. Im aktuellen Fall
konzentrieren sich diese zunächst auf diejenigen Finanzprodukte, die eine hohe Bindung
an Immobilienpreisentwicklungen aufweisen. Mit zunehmender Krisendauer steigt jedoch
das Ausmaß der Belastungen, da neben Problemen bei hypotheken besicherten
Wertpapieren Verluste bei weiteren Aktiva treten, beispielsweise als Folge von
Solvenzproblemen anderer Finanzinstitutionen. Da die hierdurch bedingte Reduktion des
Eigenkapitals das Ausmaß der Kreditverknappung wesentlich mitbestimmt, hängt die
Intensität der durch die Krise ausgelösten Effekte stark von der Höhe dieser Verluste ab.
Diesbezügliche
Schätzwerte gehen weit auseinander und haben sich in den letzten Monaten stark erhöht.
So geht die Bank of England inzwischen davon aus, dass sich die Gesamtverluste aus der
Krise auf 2,8 Bio US-Dollar belaufen werden (Bank of England, 2008).
Verstärkungsmechanismus Bilanzregeln
Ein seit Beginn der Krise wichtiger
Verstärkungsmechanismus, der die
Verlustschätzungen beträchtlichen Unsicherheiten unterwirft, besteht in der in den letzten
Jahren stark gewachsenen Bedeutung derjenigen
Bilanzierungsregeln, die die
Bewertung von Finanzinstrumenten zu aktuellen Marktpreisen vorschreiben.
Wenn diese Marktpreise aufgrund von Panikverkäufen unter die Werte sinken, die bei einer
Bewertung anhand zukünftig erwarteter Zahlungen gerechtfertigt wären, kommt es zu
selbstverstärkenden Effekten. Gleichzeitig werden Überschätzungen der oft auf aktuellen
Marktpreisen beruhenden Schätzungen der Gesamtverluste wahrscheinlicher.
Probleme für Finanzinstitute, neue Kapitalgeber zu finden …
Im Verlauf der Krise wurde es für Finanzinstitute zunehmend schwierig, andere Akteure,
wie beispielsweise Staatsfonds, als Kapitalgeber zu gewinnen. Kann die durch
Verlustabschreibungen ausgelöste Reduktion des Eigenkapitals nicht über den
Kapitalmarkt ausgeglichen werden, müssen die Finanzinstitutionen ihre
Eigenkapitalquoten auf andere Weise auf das Niveau zurückführen, das gemäß der
Einschätzung anderer Finanzmarktakteure – einschließlich der Regulierungsinstanzen –
mit einer dauerhaften Weiterführung der Geschäftstätigkeit bei angemessenem Risiko
konsistent ist. Hierzu können beispielsweise riskante durch weniger riskante Aktiva
ersetzt oder das Ausmaß bestehender Forderungen und Verbindlichkeiten kann reduziert
werden. Als Folge der notwendigen Bilanzkorrekturen sinkt die Fähigkeit und Bereitschaft
des Finanzsystems, die Realwirtschaft mit Krediten zu versorgen.
… führt zur Kreditverknappung
Bei der Einschätzung der Stärke dieses Effekts ist zu berücksichtigen, dass die
Größenordnung der
Kreditverknappung den Rückgang der Eigenkapitalausstattung oft um ein
Vielfaches übersteigt. Beispielsweise ergeben Modellrechnungen für die Vereinigten
Staaten, dass aggregierte Verlustabschreibungen bei Finanzinstitutionen mit hohem
Verschuldungsgrad (leverage) in Höhe von 100 Mrd US-Dollar zu einer Kontraktion der
Summe der von Finanzinstitutionen gehaltenen Aktiva um bis zu rund 1 Bio US-Dollar
führen könnten, unter der Annahme, dass 50 vH der vorangegangenen Verluste durch
neues Eigenkapital ersetzt werden und der Finanzsektor insgesamt seinen
Verschuldungsgrad um 5 vH reduziert. Wird herausgerechnet, dass ein beträchtlicher Teil
der Reduktion der Aktiva innerhalb des Finanzsektors selbst vonstatten geht, bleibt es im
Fall der Vereinigten Staaten bei einer Kreditverknappung für die Realwirtschaft, die die
ursprünglichen Verluste um den Faktor vier übersteigt.
Ein wichtiger Indikator für die zu erwartende Stärke der Kreditverknappung kann aus
Umfragen ermittelt werden. Es zeigt sich, dass die seit Beginn der Krise eingetretene
Verschärfung der Kreditvergabebedingungen ein globales Phänomen ist, das allerdings in
bestimmten Regionen und für bestimmte Sektoren besonders markant ausfällt.
Kreditverknappung verlangsamt Konsum und Investitionsausgaben und …
Umfrageergebnisse zu den Kreditvergabestandards
Aus der Reduktion der Kreditvergabe resultiert in der Folge eine
Verlangsamung oder
Kontraktion der Konsum- und Investitionsausgaben, die sich wiederum
negativ
auf gesamtwirtschaftliche Einkommensgrößen auswirkt. Die entsprechenden
Effekte sind umso ausgeprägter, je größer die Bedeutung kreditfinanzierter Ausgaben ist.
In Volkswirtschaften, in denen der Verschuldungsgrad der Unternehmen und Haushalte
überdurchschnittlich hoch ist, muss deshalb mit besonders starken konjunkturellen
Einbußen gerechnet werden.
… führt zu sich selbstverstärkenden Effekten
Die Prognose der entsprechenden Auswirkungen wird durch sich
selbstverstärkende
Effekte deutlich erschwert. Sinkt beispielsweise die Verfügbarkeit von
Hypothekarkrediten, kommt es zu einem stärkeren Verfall der Hauspreise, da neu auf den
Markt kommende Objekte keinen Käufer finden. Hieraus folgen einerseits negative
Vermögenseffekte, die den Konsum weiter schwächen. Andererseits steigt bei fallenden
Hauspreisen der Anteil der Haushalte, deren Nettoimmobilienvermögen negativ wird. Da
eine Nicht-Begleichung der Hypothekenschulden mit einem Vermögensgewinn
einhergeht, entscheiden sich Haushalte vermehrt zu einer Einstellung ihrer Zahlungen.
Dies führt wiederum zu erhöhten Verlustabschreibungen. Weiter fallende Preise für Wohn-
und Geschäftsimmobilien, eine Verschlechterung der Kreditqualität in Branchen
außerhalb des Immobiliensektors sowie ein Mangel an Ertragsquellen für
Finanzinstitutionen sind die Folge. Das tendenziell unterkapitalisierte Bankensystem wird
deshalb auf absehbare Zeit in einem schwierigen Umfeld agieren.
Weltweite Wirkungen …
Die Auswirkungen der beschriebenen Wirkungsketten machten sich zunächst vor allem in
den Vereinigten Staaten bemerkbar und dort auf breiter Basis. Die Einschränkung der
Kreditvergabe betrifft hier inzwischen Konsumenten und in verstärktem Maß
Unternehmen. Selbst einige Gebietskörperschaften verloren zwischenzeitlich weitgehend
ihren Zugang zum Kapitalmarkt.
In anderen Industrienationen, einschließlich einigen Ländern Europas, ist inzwischen
ebenfalls eine deutliche Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen zu spüren. Wie
in den Vereinigten Staaten schlägt sich diese insbesondere in merklich erhöhten
Risikoaufschlägen nieder. Unternehmen, die sich kurzfristiger Geldmarktpapiere
(Commercial Papers) bedienten, um Liquiditätsengpässe aufzufangen, waren hiervon
ebenso betroffen.
… durch Ansteckungseffekte
Während Ansteckungseffekte der Finanzkrise auf die meisten Schwellenländer
anfänglich nur sehr begrenzt auftraten, führte die jüngste Verschärfung zu einem
deutlichen Anstieg der Zinsaufschläge, die von staatlichen und privaten Emittenten am
Kapitalmarkt aufzubringen waren. Gleichzeitig kam es zu Einbrüchen an den
Aktienmärkten. Jüngste Studien belegen, dass von solchen Schwankungen der
Vermögenspreise in Schwellenländern selbst bei niedriger Marktkapitalisierung starke
realwirtschaftliche Effekte hervorgerufen werden können.
Risikoprämien erhöhen Zinsen
Schließlich könnten in der aktuellen Situation realwirtschaftliche Effekte deshalb
besonders ausgeprägt ausfallen, weil das für eine lange Zeit am stärksten betroffene
Marktsegment, Interbankenkredite mit einer Laufzeit von drei Monaten, für viele
Finanzmarktprodukte als Referenzwert dient. Die dort besonders hohen
Zinsaufschläge,
die als wichtigster Indikator für das mangelnde Vertrauen zwischen Banken gelten,
werden daher auf eine große Anzahl von Kreditformen übertragen. Dies führt
beispielsweise dazu, dass sich die Verzinsung variabel verzinster Hypothekenkredite
mitunter beträchtlich erhöht.
Verunsicherung führt zu Vertrauensverlust und Anpassung der Konsum- und
Investitonspläne
Ein empirisch nur schwer zu erfassender, aber aufgrund des Ausmaßes der aktuellen Krise
möglicherweise bedeutsamer Kanal realwirtschaftlicher Krisenfolgen besteht in der
Zunahme der Verunsicherung bezüglich der zukünftigen Konjunkturentwicklung.
Umfragen unter Konsumenten und Unternehmen zeigen, dass die Krise an den
Finanzmärkten zu einem ausgeprägten Vertrauensverlust geführt hat. Als Folge
kommt es zu Anpassungen der Konsum und Investitionspläne, wobei Vorsichtsmotive
unter anderem zu einem temporären Aufschieben ursprünglich geplanter Ausgaben
führen.
Empirische Untersuchungen belegen, dass
Vertrauensindikatoren zum Teil stark
auf negative Entwicklungen an den Finanzmärkten reagieren. Eine Beziehung
zwischen Vertrauensindikatoren und Konjunkturentwicklung kann ebenfalls
nachgewiesen werden, obwohl sich regional und im Zeitverlauf stark schwankende Effekte
ergeben können. Im Kontext der aktuellen Krise ist der Einbruch von
Vertrauensindikatoren jedoch dermaßen auffällig, dass zumindest in einigen besonders
von der Krise betroffenen Ländern von nachdrücklichen Auswirkungen auszugehen ist.
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Seit Jahresanfang 2009 nehmen die Besorgnisse zu, eine
Verknappung der
Kreditversorgung oder „Kreditklemme“ könne eine sich selbst tragende konjunkturelle
Erholung verhindern.
Tatsächlich ist es seit Ausbruch der Krise zu einer erheblichen Rückführung des
Fremdkapitalhebels der Banken gekommen. Die mit diesem
Deleveraging
einhergehende Reduktion der Bilanzsummen betraf dabei zunächst vor allem
Finanzierungsbeziehungen innerhalb des globalen Finanzsystems, insbesondere im
internationalen Interbankengeschäft. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es innerhalb
Deutschlands zunächst zu einer starken Ausweitung der Kreditvergabe an nicht-monetäre
finanzielle Unternehmen wie Versicherungsgesellschaften, Pensionsfonds und
Zweckgesellschaften kam, die die Kreditvergabe insgesamt lange Zeit stützte.
In jüngster Zeit mehren sich die Anzeichen, dass
nichtfinanzielle Unternehmen von
den Anpassungen im Finanzsektor betroffen sind. Seit Mitte 2008 kam es zu einer
deutlichen Abschwächung des Kreditwachstums in diesem Bereich. Zwar lag das Volumen
der an Unternehmen und Selbstständige vergebenen Kredite auch im zweiten Quartal 2009
noch immer um 4,1 vH über dem Vorjahresniveau. Allerdings verlief die Kreditvergabe bei
einzelnen Fristen oder Wirtschaftsbereichen sehr heterogen. So ging insbesondere die
Vergabe kurzfristiger Kredite stark zurück. Der bis zuletzt verzeichnete Rückgang bewegt
sich allerdings noch im Rahmen früherer Zyklen. Besonders augenfällig sind jedoch die
Unterschiede bei einzelnen Bankengruppen. So schränkten die von der Krise besonders
betroffenen privaten Großbanken ihre Kreditvergabe deutlich ein. Vor diesem Hintergrund
und vor dem Hintergrund des zu Beginn der Krise vollständigen Erliegens von
Kapitalmarktfinanzierungen ist verständlich, dass zunächst vor allem große Unternehmen
eine Verschärfung der Kreditkonditionen zu spüren bekamen. Außergewöhnlich kräftig
expandierte die Kreditvergabe der Banken mit Sonderaufgaben wie die der Kreditanstalt für
Wiederaufbau (KfW).
Vox: A recovery without credit: Possible, but… (22.5.09):
Many analysts suggest the
economic recovery may have started but others worry that the sorry state of developed
countries’ financial systems will prolong the recession. Can economic activity revive
absent a recovery in credit and housing markets? This column presents new research
suggesting that a “creditless recovery” is possible, but it would likely be slow and
shallow.
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Unter einer Kreditklemme kann eine Situation verstanden werden, in der das
Bankensystem das Kreditangebot nicht mehr ausweitet. Ursachen dieser Angebotsreaktion
können einerseits bilanzielle Beschränkungen der Banken aufgrund von
Verlustabschreibungen, verschärften Regulierungsvorgaben oder Liquiditätsengpässen
sein. Andererseits können in einem wirtschaftlichen Abschwung besonders große
Informationsprobleme zwischen Kreditnehmern und Kreditgebern auftreten. Im weiteren
Sinne sollte der Begriff auch solche Situationen erfassen, in denen Unternehmen
Beschränkungen bei der kapitalmarktbasierten Finanzierung unterliegen.
Sinkende Kreditvolumina können – selbst wenn sie nur bei einzelnen Bankengruppen,
Fristen oder Wirtschaftsbereichen auftreten – zumindest zum Teil auf
nachfrageseitige
Aspekte zurückgeführt werden. In Abschwungphasen und bei
Kapazitätsunterauslastungen rücken Unternehmen von Bestandserweiterungen ab und
unterlassen geplante Erweiterungsinvestitionen. In diesen Fällen kann nicht von einer
Kreditklemme gesprochen werden. Ökonometrische Schätzungen zeigen, dass es in
jüngster Zeit tatsächlich zu einem Rückgang der Kreditnachfrage gekommen ist, der zur
Erklärung der Abschwächung der Kreditvergabe beiträgt (Deutsche Bundesbank, 2009).
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FAZ: Risiko und Nutzen (23.2.09):
Sie sind überdurchschnittlich irrtumsanfällig und wenig
transparent: Hegde-Fonds. In auffälliger Häufigkeit berichten Bilanzanalysten nun, dass
gerade sie zu den Risikofaktoren von Banken gehören, die nun in Schwierigkeiten geraten
sind. Ist das die Rache der sozialen Gerechtigkeit?
Telepolis: Das Versprechen der Hedgefonds (19.2.09)
: In einer
Studie haben Londoner
Ökonomen das Verhalten von Hedgefonds-Managern untersucht. Im Vordergrund stand
dabei die Frage, wie sich die bei diesen Fonds üblichen Entlohnungsstrukturen auf das
Investitionsverhalten und insbesondere auf die Risikoneigung der Manager auswirkt.
HB: Hedge-Fonds schöpfen neuen Mut (13.2.09):
In der Hedge-Fonds- Branche gibt es
trotz anhaltender Rezession einen ersten Lichtblick: Repräsentative Indizes, die die
Wertentwicklung der Fonds messen, drehen nach einer starken Abschwungphase ins Plus.
Seit Anfang Dezember machen vor allem konservative Fonds mit positiven
Anlageergebnissen von sich reden und sorgen dafür, dass die Indizes seither zwischen
2,4 und 2,6 Prozent gestiegen sind.
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HB: Private-Equity wird in die Enge getrieben (10.3.09)
: Finanzkrise und Rezession haben
die lange Jahre erfolgsverwöhnte Private-Equity- Branche ins Schlingern gebracht.
Zusätzlich rächt sich nun die restriktive Personalausstattung vieler Fonds, die trotz
starkem Wachstum kaum neue Manager an Bord genommen haben.
HB: Die Zeit ist auf Ihrer Seite (4.2.09):
Die Unternehmensbewertungen sind gefallen. Steve
Schwarzman glaubt, es sei nun an der Zeit, wieder zu kaufen. Allerdings sehen das einige
Beteiligungsexperten anders. Sie befürchten, dass das Ende des Preisverfalls noch nicht
erreicht ist – und sowohl Fremd- als auch Eigenkapital knapp sind.
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Eine Neubewertung von Kreditrisiken ist ein im Konjunkturzyklus notwendigerweise
auftretender Prozess, der für sich noch keine Kreditklemmenproblematik begründen kann.
Zwar sollte die Bewertung von Kreditrisiken insbesondere bei längeren Fristen die
Ausfallwahrscheinlichkeit über den gesamten Zyklus in den Mittelpunkt stellen. In einem
Abschwung erhalten Finanzinstitutionen jedoch neue Informationen bezüglich
gesamtwirtschaftlicher, sektoraler und regionaler Risiken, die bei der Bestimmung von
Risikoprämien und Sicherheiten zu berücksichtigen sind. Gesamtwirtschaftlich
problematisch wird eine Neubewertung erst dann, wenn die Ausfallrisiken überschätzt
werden. Im Rahmen der meisten Kreditrisikomodelle kann es gerade gegen Ende eines
wirtschaftlichen Abschwungs zu einer Überzeichnung kommen. Diese
Prozyklizität der
Risikomessung, die im Aufschwung spiegelbildlich zu einer überhöhten Kreditvergabe
führt, liegt darin begründet, dass die Modelle den zyklischen Schwankungen der
Ausfallquoten am aktuellen Rand ein zu hohes Gewicht beimessen. In der Folge steigt das
für einen Kredit zu hinterlegende ökonomische und regulatorische Eigenkapital und die
Möglichkeit zur Kreditvergabe wird eingeschränkt.
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S
pon: GESCHICHTE DES GELDES – “Instabilität gehört zum Finanzsystem”
(6.8.09): Warum
halten Menschen Scheine aus bedrucktem Papier für wertvoll? Ist Gold nicht doch das
bessere Geld? Harvard-Historiker Niall Ferguson erklärt die wechselvolle Geschichte des
Geldes, die Unausweichlichkeit von Finanzkrisen – und den fatalen Einfluss der
Mathematiker.
HB: Die Deflationsangst geht um (20.4.09):
Die Alarmzeichen sind unübersehbar:
Nachdem die Verbraucherpreise in den USA im März auf Jahressicht erstmals seit mehr als
fünf Jahrzehnten gesunken sind, warnt nun auch der Chef des Internationalen
Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, vor der Gefahr einer Deflation. Was in den
USA bereits Realität geworden ist, dürfte Deutschland demnächst einholen.
Bisher hat die Krise die internationale Wirtschaftsleistung eines ganzen Jahres vernichtet.
Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) schätzt, dass bislang auf der ganzen Welt mehr
als 50 Billionen Dollar Anlagevermögen vernichtet wurden. Allein in den Schwellen- und
Entwicklungsländern Asiens sei Kapital von 9,625 Billionen Dollar verlorengegangen -
dies entspricht sogar 109 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) eines Jahres dieser
Länder. In Lateinamerika dürften sich 2 Billionen Dollar oder rund 57 Prozent seines BIP
in nichts aufgelöst haben, heißt es in einer Studie, die am Montag auf einer Tagung zur
Krise in Manila vorgestellt wurde. Die Zahlen berücksichtigen den Rückgang der
Aktienkurse, den Verlust von Spareinlagen und die Abwertung von Währungen. „Ich
fürchte, es wird noch schlimmer, bevor es besser werden wird“, sagte ADB-Präsident
Haruhiko Kuroda.
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Lehman: Als die Witwe aufs Ganze ging Artikel in Merkliste: Die Pleite der Lehman Brothers
hat nicht nur die Banken weltweit in finanzielle Schwierigkeiten gebracht: Rund 50 000
Kleinsparer haben durch Zertifikate der amerikanischen Bank insgesamt knapp eine Mrd.
Euro verloren. Jetzt kämpfen sie um ihr Geld. Quelle und mehr:
Handelsblatt v. 5.8.09
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Die aktuelle Rezession wies in ihrer Ausprägung und ihrem Verlauf zunächst
besorgniserregende Parallelen zur Weltwirtschaftskrise zu Beginn der 1930er-Jahre auf.
Die Krise erreichte im ersten Quartal 2009 ihren Höhepunkt. Die globale
Industrieproduktion, die bereits im letzten Quartal des vorangegangenen Jahres deutlich
eingebrochen war, rutschte zu Beginn des Jahres noch weiter ab: Durchschnittlich
verzeichneten die OECD- Länder im Vorjahresvergleich ein Schrumpfen der
Industrieproduktion um 16,6 vH und eine Verringerung des realen Bruttoinlandsprodukts
um 4,7 vH. Beim Welthandel kam es zu einem in Stärke und Abruptheit außerordentlichen
Rückgang um 30 vH. Für das Jahr 2009 insgesamt ist davon auszugehen, dass die
Weltproduktion um 1,1 vH abgenommen hat, der Welthandel um 11,5 vH gesunken ist.
Die Gründe für die massive Kontraktion des grenzüberschreitenden Waren- und
Dienstleistungsverkehrs sowie den Einbruch der Produktionstätigkeit sind vielfältig
(Expertise 2009 Ziffern 15 ff.). Als Folge der Verschärfung der Finanzkrise im September
2008 wurde die Weltwirtschaft von einer Reihe global wirkender Schocks getroffen: Es
kam zu einem Finanzmarktschock in Form einer extremen Verschärfung der
Refinanzierungsbedingungen des privaten und in einigen Ländern auch des öffentlichen
Sektors. Die aufgrund des weltweiten Falls der Immobilienpreise bereits gedämpfte
Gesamtnachfrage wurde hierdurch zusätzlich beeinträchtigt. Ein massiver
Nachfrageschock insbesondere für Investitions- und dauerhafte Konsumgüter war die
Folge.
Im Verlauf der Krise setzten Prozesse ein, die dazu beitrugen, dass sich die Wirkung der
ursprünglichen Schocks verstärkte. Bei diesen
Verstärkungsmechanismen handelt es
sich zum einen um die aus früheren globalen Abschwüngen bekannten
Zweitrundeneffekte. So führt der Rückgang der Nachfrage in einem Land nicht nur zu
einer Reduktion des Außenbeitrags und der Produktion in anderen Wirtschaftsräumen,
sondern pflanzt sich durch den Einkommensrückgang über erneut sinkende Importe
international weiter fort. Zudem kommt es zu weiteren Belastungen des Finanzsektors,
der aufgrund der in einer Rezession zunehmenden Kreditausfälle eine zusätzliche
Reduktion seiner Eigenkapitalbasis und Kreditvergabetätigkeit erlebt. Schließlich geht
vom Versiegen der internationalen Kapitalströme ein erheblicher Einfluss auf die
Wechselkursentwicklung aus. Die hiermit verbundenen Abwertungen führen zu einer
abrupten Erhöhung der Schuldenlast von in ausländischer Währung verschuldeten
Wirtschaftseinheiten.
Zum anderen kann die Schärfe der Rezession mit den Reaktionen von Finanzinstituten, die
in mehreren Ländern gleichzeitig aktiv sind, erklärt werden. Unterliegen international
agierende Finanzinstitute Restriktionen bezüglich ihres Verschuldungsgrads, führen
sinkende Vermögenswerte in einem Land zu erzwungenen Verkäufen von Aktiva in
anderen Ländern. Es kommt zu einem Feedback- Mechanismus, in dessen Folge die
Investitions- und Produktionstätigkeit international simultan zurückgefahren werden.
Ein wohl entscheidender Grund für die seit September 2008 zu verzeichnende
Krisenverschärfung war der Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Unsicherheit, mit
der sich die Akteure auf den Finanz- und Gütermärkten konfrontiert sahen. In Verbindung
mit diskreten Anpassungskosten bei Veränderungen des Kapitalstocks oder der
Beschäftigung können solche Unsicherheitsschocks zu sehr starken Abschwüngen
beitragen. Zudem ist zu vermuten, dass der in den letzten Jahren zu verzeichnende
Wandel der internationalen Arbeitsteilung, insbesondere die Tendenz zu einer
zunehmenden internationalen Aufspaltung von Wertschöpfungsketten, zu einer
Verstärkung der Auswirkungen von Nachfrageschocks auf Welthandel und -produktion
beigetragen hat.
Angesichts der Schärfe des wirtschaftlichen Einbruchs setzte die allmähliche
Stabilisierung der Produktion zur Jahresmitte relativ früh ein. Die Industrieproduktion
verzeichnete seit dem zweiten Quartal 2009 wieder leicht positive Zuwachsraten und auch
die Entwicklung des Welthandels entspannte sich zunehmend. Die weltweite
Verunsicherung bezüglich der Konjunkturperspektiven ließ nach, wie beispielsweise die
Entwicklung der Aktienmarktvolatilität zeigt. Dies hatte erhebliche Rückpralleffekte zur
Folge, beispielsweise im Zuge des globalen Lagerzyklus. Die schnelle Entspannung nach
dem Abschwung lässt sich vor allem auf vier Einflussfaktoren zurückführen:
Ähnlich wie bei den Problemen im Finanzsektor dürfte der Handelseinbruch dadurch
verstärkt worden sein, dass die in der Handelsfinanzierung engagierten Banken bezüglich
der Kontrahentenrisiken skeptischer wurden, wodurch die Nettohandelskreditströme
zwischen exportierenden und importierenden Ländern ins Stocken kamen. Stark
rückläufige Exporte zogen wiederum einen Vermögenspreisverfall nach sich. Verglichen
mit der akuten Vertrauenskrise im September und Anfang Oktober 2008 verlief die
Entwicklung nun aber regional unterschiedlich und länderspezifischer.
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HB: USA Sparen für Anfänger (19.2.09)
: Amerika muss kürzer treten. In Crashkursen lernen
die US-Bürger, ihr Geld zusammenzuhalten – eine Revolution im Land des
Konsumrauschs. Offenbar hat die Finanzkrise einen Paradigmenwechsel eingeleitet. Wie
Amerikaner in der Krise sparen lernen.
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15.07.2009
In Deutschlands Industriebetrieben ist wegen der Krise immer weniger zu tun. Die Zahl der
geleisteten Arbeitsstunden im verarbeitenden Gewerbe ging im Mai im Vergleich zum
Vorjahresmonat um 9,1 Prozent auf 590 Mio. zurück, wie das Statistische Bundesamt am
Mittwoch in Wiesbaden berichtete. Allerdings lag in diesem Jahr der Feiertag Fronleichnam im
beobachteten Monat. Weitere Auswirkungen dürfte die starke Nutzung der Kurzarbeit gerade in
den Produktionsbetrieben haben.
Die Zahl der Beschäftigten schrumpfte laut Bundesamt so stark wie seit fünf Jahren nicht mehr,
und zwar um 2,3 Prozent auf noch 5,1 Mio. Menschen. Die Entgelte sanken um 6,3 Prozent auf
17,7 Mrd. Euro. Nach weiteren Angaben des Bundesamtes verzeichneten allein die Hersteller von
Futter- und Nahrungsmitteln eine leicht höhere Stellenzahl. In allen übrigen Bereichen gingen die
Zahlen zurück, besonders stark bei der Herstellung von Metallerzeugnissen (- 3,3 Prozent) und
der Autoindustrie (- 3,1 Prozent).
Das dicke Ende des Jobabbaus ist damit längst noch nicht erreicht, wie aus einer Erhebung der
„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Mittwoch) hervorgeht. Danach haben Firmen bislang öffentlich
angekündigt, noch in diesem Jahr in Deutschland mehr als 50 000 Stellen abzubauen. Unter den
Stellenstreichern sind bedeutende Industriebetriebe wie Schaeffler, Continental, ThyssenKrupp
oder Heidelberger Druckmaschinen. Dem stehen 33 000 angekündigte neue Jobs entgegen, die
vor allem bei Handelsbetrieben wie Rewe, Edeka, Kaufland und Lidl entstehen sollen.
FAZ: Die Angst um den Arbeitsplatz wächst (8.3.09):
Viele Firmen haben ihren Mitarbeitern
sichere Jobs versprochen. Doch je heftiger die Wirtschaftskrise wütet, umso mehr bleiben die
Aufträge aus. Und die Angst der Deutschen vor dem Verlust des Arbeitsplatzes wächst. Denn
mit Kurzarbeit können die Unternehmen ihre Probleme nur kurz überbrücken.
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14.7.09
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) steuert auf eine drastische Beitragserhöhung zu. Ohne neue
Finanzhilfen aus dem klammen Bundeshaushalt muss der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung ab
2011 voraussichtlich um mindestens zwei Prozentpunkte steigen. Eventuell ist sogar eine
Verdoppelung des Beitragssatzes von derzeit 2,8 Prozent des Bruttolohns erforderlich.
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Zu Beginn des Jahres 2009 notierte Rohöl so niedrig wie seit dem Sommer 2004 nicht
mehr. Zwar stieg der Preis im Jahresverlauf deutlich, erreichte jedoch noch kein die
Konjunkturentwicklung bremsendes Niveau.
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Banking crises and exports: Lessons from the past
(1.9.09): Both financial turmoil and falling
demand have hit exporters hard. This column confirms the importance of financing problems
by showing that sectors relatively more dependent on external finance suffer larger export
drops during banking crises.
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Spon: Kampf gegen die globale Krise (24.1.10)
:Wirtschaft und Politik stehen vor
existentiellen Fragen, die über die Zukunft der globalen Ökonomie entscheiden: mehr
Schulden oder strikter sparen? Neue Konjunkturpakete oder Rückzug des Staates? Europa,
Asien und die USA sind sich uneinig - SPIEGEL-ONLINE-Korrespondenten analysieren die
Krisenstrategien.
_______
Die Weltwirtschaft befindet sich nach dem schwersten Einbruch der Nachkriegszeit in
einer leichten Erholungsphase, die jedoch aller Voraussicht nach mittelfristig wenig
dynamisch verlaufen wird. Die tiefe Rezession wurde vor allem von einem besonders
scharfen und abrupten Einbruch des Welthandels zu Beginn des Jahres 2009 ausgelöst,
dem sich kaum ein Land entziehen konnte. So sank die weltweite Produktion im Jahr
2009 mit 1,1 vH deutlich.
Die Stabilisierung der Weltkonjunktur zur Jahresmitte ist im Wesentlichen auf vier
Aspekte zurückzuführen: die expansive Geldpolitik der Notenbanken, die starke
Ausweitung der staatlichen Nachfrage im Rahmen von Konjunkturprogrammen, die
relative Robustheit der Schwellenländer und den vergleichsweise niedrigen Ölpreis.
Hinzu kam, dass sich die Weltwirtschaft aufgrund der leichten Entspannung zunehmend
aus ihrer zu Jahresbeginn aufgetretenen Schockstarre löste und die Risikobereitschaft
der Wirtschaftsakteure zurückkehrte.
Trotz der verbesserten Erwartungen wird die konjunkturelle Erholung der Weltwirtschaft
im Jahr 2010 wohl nur eine geringe Dynamik entfalten. Die Probleme im Finanzsektor
sind noch nicht behoben. Ebenso wird die Arbeitslosigkeit aufgrund der gesunkenen
Kapazitätsauslastung weiter steigen. Positive Impulse sind hingegen von dem weiteren
Durchwirken der weltweiten Konjunkturprogramme und der robusten Entwicklung der
Schwellenländer zu erwarten.
Zur Lage der Weltwirtschaft siehe auch:
Spon:
Wie sich die Welt durch die Finanzkrise wandelt (10.6.09)
: Die globale Rezession
gilt als historischer Einschnitt, sensationell und außergewöhnlich – alles falsch,
behaupten jetzt Trendforscher in einer Studie über die Folgen für Wirtschaft und
Gesellschaft. Ihr überraschendes Fazit: Die Krise ist kaum mehr als ein reinigendes
Gewitter.
NZZ: Konsequenzen eines Staatsbankrotts in der Euro- Zone (16.5.09):
Im Zuge der
weltweiten Finanz- und Wirtschaftsprobleme drohe selbst gewissen Euro-Ländern der
Staatsbankrott, wird allenthalben spekuliert. Der Autor des nachfolgenden Beitrags
befasst sich mit der Frage der «angemessenen» Reaktion der EU- bzw. Euro-
Partnerstaaten, falls ein Mitglied der Währungsunion tatsächlich insolvent werden sollte.
FAZ: Die Rezession scheint schwächer zu werde (8.5.09):
Die Erzeugung im
produzierenden Gewerbe hat sich im März stabilisiert. Dass sich die konjunkturelle
Talfahrt verlangsamen könnte, legt auch der F.A.Z.- Indikator nahe. Eine konjunkturelle
Wende zeigt der Indikator aber noch nicht an.
FAZ: Talfahrt mit gebremstem Tempo (27.4.09):
Der Absturz der Wirtschaft verlangsamt
sich. Es gibt Hoffnung auf eine Wende im Herbst. Doch am Arbeitsmarkt wird die
Rezession in den kommenden zwei Jahren eine Schneise der Verwüstung schlagen. Der
monatliche Konjunkturbericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
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Die weltweite Nachfrageschwäche führte in Deutschland zu Jahresbeginn 2009 zu einem
historisch einmaligen Rückgang der Exporte und der Ausrüstungsinvestitionen. Trotz der
leichten konjunkturellen Verbesserung in der zweiten Jahreshälfte brach die
gesamtwirtschaftliche Produktion im Jahresdurchschnitt um 5,0 vH ein.
Die expansiven fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen im Zusammenspiel mit den den
Arbeitsmarkt stabilisierenden Elementen konnten einen noch tieferen Einbruch jedoch
verhindern. So hat die Bundesregierung zwei Konjunkturprogramme mit einem Umfang
von zusammen rund 84 Mrd Euro für die Jahre 2009 und 2010 aufgelegt. Zudem senkte
die Europäische Zentralbank den Leitzins massiv, auf ihren bisher niedrigsten Stand, und
wirkte hierdurch sowie über weitere, unkonventionelle Maßnahmen einer drohenden
Kreditklemme entgegen. Zur Stabilität des Arbeitsmarkts trugen vor allem der verstärkte
Einsatz der Kurzarbeit und die im Vergleich zu früheren Zyklen höhere Flexibilität bei den
tarifvertraglichen Regelungen bei.
Die Erholung im Jahr 2010 wird mit einer prognostizierten Zuwachsrate des
Bruttoinlandsprodukts von 1,6 vH allenfalls mäßig ausfallen. Zwar sind für das
kommende Jahr weitere konjunkturelle Impulse von den fiskalpolitischen Maßnahmen und
dem niedrigen Zinsniveau zu erwarten. Bremswirkungen gehen jedoch von der
nachlaufenden Arbeitsmarktentwicklung sowie einem möglicherweise eingeschränkten
Zugang der Realwirtschaft zu Finanzierungsmitteln aus. Schätzungen des
Sachverständigenrates kommen zu dem Ergebnis, dass das Produktionspotenzial, also die
gesamtwirtschaftlichen Produktionsmöglichkeiten, im kommenden Jahr um lediglich 0,7
vH und damit spürbar geringer wachsen wird als bisher.
FAZ:
Inflation erstmals seit 1987 bei null
(11.6.09): Für die Verbraucher sind
paradiesische Zeiten angebrochen. Erstmals seit 22 Jahren steigen die Kosten für die
Lebenshaltung nicht mehr. Die Verbraucherpreise lagen im Mai exakt auf dem Niveau des
Vorjahresmonats.
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Die Konjunktur in den Vereinigten Staaten und in den anderen Industrieländern außerhalb
Europas hat sich stabilisiert. Dazu haben vor allem die massiven geld- und
fiskalpolitischen Stimulierungsmaßnahmen und die dank staatlicher
Stabilisierungsprogramme nachlassenden Spannungen an den Finanzmärkten
beigesteuert. Zur Aufhellung des Konjunkturbilds trugen neben diesen Stimuli die
Aufstockung der zuvor stark reduzierten Lagerbestände und eine Erholung des
Welthandels von dem im Winter erlittenen Einbruch bei. Auffallend ist, dass die Belebung
der Wirtschaftsaktivität in Japan, das besonders stark von der Kontraktion des
Welthandels betroffen war, früher eingesetzt hat als beispielsweise in den Vereinigten
Staaten, in denen die Immobilien- und Finanzkrise stärkere Verwerfungen verursacht
hatte.
In den Vereinigten Staaten verlangsamte sich die konjunkturelle Abwärtsbewegung im
ersten Halbjahr 2009 spürbar. Im dritten Quartal 2009 verzeichnete das
Bruttoinlandsprodukt wieder eine deutlich positive Zuwachsrate und stieg gegenüber dem
Vorquartal um knapp 0,9 vH. Während die stützenden konjunkturellen Impulse in der
ersten Jahreshälfte aufgrund der schneller als die Exporte sinkenden Importe noch vom
Außenbeitrag kamen, fungierte im dritten Quartal der private Konsum als wichtigste
Antriebskraft. Zudem zog die Investitionstätigkeit wieder leicht an. Zu dieser Entwicklung
trug insbesondere der „American Recovery and Reinvestment Act“ bei. Die dafür
veranschlagten 787 Mrd US-Dollar (rund 5,5 vH gemessen am nominalen
Bruttoinlandsprodukt des Jahres 2008) für die Jahre 2009 und 2010 sollten in Form von
Steuersenkungen und zusätzlichen Investitionsausgaben die inländische Verwendung
stärken. Darüber hinaus trugen die zunehmende Entspannung an den Finanz- und
Immobilienmärkten sowie die Aufhellung der außenwirtschaftlichen Perspektiven zu einer
Verbesserung der Situation bei.
Diese Entwicklung deutet darauf hin, dass die Konjunktur in den Vereinigten Staaten die
Talsohle durchschritten hat. Die Einkaufsmanagerindizes haben zuletzt wieder die
Schwelle von 50 Punkten, die Trennlinie zwischen Expansion und Kontraktion,
überschritten, die Auftragslage hat sich verbessert und die Industrieproduktion stieg nach
einer anderthalb Jahre dauernden Abwärtsbewegung im dritten Quartal wieder. Das
Konsumentenvertrauen hat sich von seinem scharfen Einbruch erholt, wenngleich es sich
weiterhin auf einem niedrigen Stand befindet. Die Lage am Immobilienmarkt ist immer
noch durch ein hohes Überangebot gekennzeichnet, wenngleich die Abwärtsbewegung bei
den Preisen zu einem temporären Stillstand gekommen ist.
Zusammen mit den jüngsten Konjunkturindikatoren und der sukzessiven Beruhigung der
Lage an den Finanzmärkten wird deutlich, dass die US- amerikanische Wirtschaft ab der
zweiten Jahreshälfte wieder auf einen Expansionspfad zurückgekehrt ist. Allerdings lassen
etliche fundamentale Faktoren erwarten, dass dieser relativ flach verlaufen wird. So
werden die Privaten Konsumausgaben − mit 70 vH des Bruttoinlandsprodukts das
größte Verwendungsaggregat − durch die anhaltende Verschlechterung der Lage auf dem
Arbeitsmarkt gedämpft.
Die Arbeitslosenquote könnte bis zum Jahresende auf etwa 10 vH und damit auf den
höchsten Stand seit 26 Jahren steigen. Obschon sich der Beschäftigungsabbau seit
Jahresmitte verlangsamt hat, wird die Entwicklung der Einkommen weiterhin vom
Arbeitsmarkt belastet. Zudem wurde die Kreditvergabe in Folge der Bankenkrise deutlich
eingeschränkt, und die privaten Haushalte sehen sich aufgrund der hohen
Vermögensverluste und der in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Verschuldung
gezwungen, ihre finanzielle Situation zu konsolidieren. So hat sich die Sparquote in den
ersten drei Quartalen gegenüber dem Vorjahr deutlich erhöht. Die Erholung des privaten
Verbrauchs zu Beginn des zweiten Halbjahrs ist wohl zu einem guten Teil auf die
staatlichen Maßnahmen zurückzuführen. Trotz der Belebung in der zweiten Jahreshälfte
werden die Privaten Konsumausgaben im Jahr 2009 insgesamt um 0,8 vH und damit
stärker als im vorangegangenen Jahr schrumpfen. Schließlich gehen von den
Investitionen weiterhin dämpfende Wirkungen aus. Die Kapazitätsauslastung im
Verarbeitenden Gewerbe lag zuletzt bei 67 vH und damit um 13 Prozentpunkte unter dem
Durchschnitt der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte.
Spiegel: US-KONJUNKTUR Tödlicher Kreislauf (21.2.09):
Die USA verlieren Arbeitsplätze in
alarmierendem Tempo, fast jeden Tag werden neue Massenentlassungen gemeldet. In
manchen Regionen geht der Arbeitslosenversicherung bereits das Geld aus. Nun hoffen
die Amerikaner auf Präsident Barack Obamas Konjunkturprogramm.
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Die konjunkturelle Situation im
Euro-Raum, der zu Beginn des Jahres 2009 einen starken
Einbruch erlebt hatte, stabilisierte sich zur Jahresmitte wieder. Es ist deshalb davon
auszugehen, dass die Rezession im Frühjahr ihren Tiefpunkt durchschritten hat.
Angeführt durch eine Erholung der Vertrauensindikatoren verlangsamte sich der
Abschwung bis zum Sommer und die Konjunktur zog, insbesondere im dritten Quartal,
wieder leicht an. Deutschland und Frankreich wiesen bereits im zweiten Quartal wieder
geringfügig positive Zuwachsraten auf.
Die Konjunkturaufhellung ist jedoch in erster Linie auf das Ende des kräftigen
Lagerabbaus im ersten Halbjahr und das immer stärkere Durchwirken der
Konjunkturprogramme zurückzuführen.
Für das Gesamtjahr 2009 muss mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 3,9 vH
gerechnet werden.
Aktuell verharren die
Bruttoanlageinvestitionen auf niedrigem Niveau, nachdem sie im
ersten Quartal 2009 um 5,4 vH gegenüber dem Vorquartal zurückgegangen waren. Dieser
starke Einbruch war hauptsächlich den gesunkenen Ausrüstungsinvestitionen in Folge der
schrumpfenden Industrieproduktion geschuldet. Der
Konsum verzeichnete einen nur
geringen Rückgang zu Beginn des Jahres um 0,5 vH, stabilisierte sich jedoch ab dem
zweiten Quartal.
Grund für die verhältnismäßig robuste Entwicklung war einerseits die sinkende Inflation;
andererseits wirkten sich die noch angestiegenen Nominallöhne stützend auf den Konsum
aus. Zudem federten die automatischen Stabilisatoren und diskretionäre Maßnahmen wie
die in vielen Ländern eingeführten Abwrackprämien eine Schwächung des Konsums ab.
Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Privaten Konsumausgaben im Euro-Raum im
Jahr 2009 leicht um 0,9 vH zurückgegangen sind. Der Einbruch bei den Investitionen
schlägt hingegen mit 10,4 vH deutlich stärker zu Buche.
In fast allen Ländern des Euro-Raums hat sich die Finanzkrise spürbar auf den
Arbeitsmarkt ausgewirkt. Besonders stark stiegen dabei die Arbeitslosenzahlen in den
Ländern, die zuvor einen Immobilienboom erlebt hatten, wie in Spanien und Irland. Der
Zusammenbruch des aufgeblähten Bausektors ließ dort die Arbeitslosenquote weit über
den Durchschnitt der Euro-Länder (9,5 vH) ansteigen.
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Eine Reihe von Schwellenländern fungierte als weiterer Konjunkturanker. Während
weltweit die Realwirtschaften in eine tiefe Krise gestürzt wurden, behaupteten sich
insbesondere einige asiatische Volkswirtschaften mit einer lediglich temporären
Eintrübung, nicht zuletzt, da ihr Finanzsektor sich als robust erwies. Zu der besonderen
Stabilität der Schwellenländer trugen unter anderem die in den vergangenen Jahren durch
die Akkumulation von Währungsreserven aufgebauten finanziellen Polster bei, die den
Spielraum für eine expansive Fiskalpolitik maßgeblich erweiterten.
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TP: Geld mehrt Wohlstand (15.8.09):
Das lehrt uns die Geschichte, meint der britische
Wirtschaftshistoriker Niall Ferguson. „Die Welt ist pleite.“ Dieser Satz war vor Wochen des
Öfteren zu hören oder zu lesen. Angesichts pleiter Banken, überschuldeter Staaten und
insolventer Unternehmen scheint er auch einige Plausibilität beanspruchen zu können. Allein die
USA werden in diesem Jahr ein Schuldenkontingent von fast zwei Billionen Dollar anhäufen,
was in etwa der Hälfte aller Bundesauslagen und dreizehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts
entspricht. Und das ist noch nicht alles. Für die nächsten zehn Jahre erwartet der
Haushaltsausschuss des Kongresses eine weitere Verschuldung von zehn Billionen Dollar
Telepolis: Die Mutter aller Blasen (11.7.09):
Weltweit kämpfen die Regierungen auf Pump
gegen die Krise an – die Folgen könnten verheerend sein. Ein neues Konjunkturpaket hier, ein
Rekordhaushaltsdefizit dort – wenn in allen Ländern der Welt die Privatwirtschaft in der
Rezession steckt und das Bankensystem mit unvorstellbaren Summen vor sich selbst gerettet
werden muss, spielt Haushaltsdisziplin keine Rolle mehr. Der IWF
schätzt, dass die
Regierungen der zwölf größten OECD-Staaten über 10 Billionen US$ an neuen Schulden
aufnehmen müssen, um die Folgen der Finanzkrise zu bewältigen. Doch diese Schätzungen
sind konservativ und eher ein Best Case-Szenario.
HB: Industriestaaten verspielen ihr Kapital (12.2.09):
Die Finanzkrise treibt Regierungsetats
weltweit tief ins Minus. Die langfristigen Risiken steigen enorm. Selbst erfahrene Volkswirte
schließen nicht mehr aus, dass bald die ersten Industriestaaten bankrott sind. Es droht ein
Wettlauf gegen die Zeit.
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FTD: Griechische Tragödie wird zum weltweiten Drama (5.2.10):
Rund um den Globus
werden Investoren von Panik erfasst. Die Angst um Portugal, Griechenland, Spanien und
weitere EU-Länder führt weltweit zu Ausverkäufen an den Börsen, der Euro fällt. Politik
und Notenbanken gelingt es nicht, die Stimmung zu beruhigen
HB: EZB-Studie: Die wahren Ursachen der griechischen Tragödie
(25.1.10): Eine EZB-Studie
zeigt: Es war vor allem die Bankenrettung, die das Land in Not brachte. Denn das
Kreditrisiko stieg massiv, während das der Banken in gleichem Ausmaß sank. Jetzt verlangen
die Verursacher von dem Land Risikoaufschläge.
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Welt: Sparpläne sind für Südeuropa brandgefährlich (6.2.10):
Südeuropa liegt am Boden: In
Griechenland, Portugal und Spanien explodieren die Haushaltsdefizite, die Zinsen auf
Staatsanleihen wachsen. Nun sollen Rosskuren die angeschlagenen Länder retten. Doch
ein Erfolg ist keineswegs sicher: Viele Experten glauben gar, dass sie die Probleme eher
verschärfen.
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Anleihemärkte - Das Mega-Schulden-Risiko Japan (18.1.10):
Staatspleiten sind das
beherrschende Thema an den Kapitalmärkten. Als Gefahrenindikator gilt Japan: Trotz
gewaltiger Schulden kann sich das Land günstig über Anleihen finanzieren. Seit
Jahrzehnten geht das gut. Doch wie lange noch?
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Die aufstrebenden Volkswirtschaften wurden trotz ihres begrenzten Engagements in notleidenden
Vermögenswerten zunehmend in die Krise hineingezogen. Die Aktienkurse in den aufstrebenden
Volkswirtschaften, die sich seit Beginn der Krise im August 2007 bis in den Mai 2008 hinein
besser entwickelt hatten als jene der Industrieländer, fielen – gemessen am MSCI-Index, in der
jeweiligen Landeswährung gerechnet – von Mitte Mai bis zum Vortag des Lehman-Konkurses um
etwa 28% (verglichen mit einem Rückgang des S&P 500 um rund 12%). Bis zu diesem Zeitpunkt
waren die Verluste größtenteils eine Folge des krisenbedingten Einbruchs bei der Exportnachfrage
gewesen, wobei indirekt auch die nachfragebedingt fallenden Rohstoffpreise eine Rolle gespielt
hatten. Die Vermögenspreise bröckelten in den aufstrebenden Volkswirtschaften nach dem
Konkurs von Lehman Brothers generell weiter ab, da mit den Bedenken hinsichtlich der Stabilität
der Bankensysteme in den wichtigsten Volkswirtschaften auch Befürchtungen genährt wurden,
dass das Weltwirtschaftswachstum stocken, die Rohstoffpreise verfallen und die ausländischen
Finanzierungsquellen versiegen könnten. Basierend auf damit verbundenen Bedenken über die
Solvenz einzelner aufstrebender Volkswirtschaften stiegen die Spreads von Staatstiteln
beträchtlich, und die Aktienkurse brachen parallel zum Aktienkursverfall in den wichtigsten
Industrieländern deutlich stärker ein als in früheren Phasen turbulenter Marktverhältnisse.
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FAZ: Der neue Nationalismus kostet Milliarden (15.2.09):
Gerade haben die G-7-
Finanzminister im Anschluss an ihr Treffen in Rom ein Bekenntnis gegen Protektionismus
abgelegt. Doch die Realität sieht längst anders aus. Die Staaten päppeln ihre heimischen
Banken und ihre eigene Industrie. Das ist noch teurer als Zölle zu erheben.
HB: Protektionismus weltweit auf dem Vormarsch (28.1.09)
: Mit milliardenschweren
Konjunkturpaketen unterstützen die Industrieländer ihre heimische Wirtschaft. Damit bauen sie
neue Handelsschranken auf und verhindern weltweiten Wettbewerb. Die protektionistischen
Maßnahmen könnten die Weltwirtschaftskrise noch verschärfen.
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Meist tippen Volkswirte und Analysten im Gleichschritt. Aber auch sie müssen überleben: Besser
mit der gesamten Zunft falsch schätzen als sich mit einer abseitigen Prognose ins Rampenlicht zu
stellen. Wer am Ende irrt, kann dann immer noch auf die Mehrheit verweisen, die eben auch falsch
gelegen hat. Das gibt Sicherheit und rettet im Zweifel sogar den eigenen Job.
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HWWI: Die Renaissance der Ordnungspolitik (9.5.09):
Kaum ein Politiker, der nicht “mehr
ordnungspolitische Vernunft” einfordert oder gar “ordnungspolitische Leitplanken”
anbringen will. Ob es nun um Konjunkturpakete, die Verstaatlichung von Banken, die
Rettung angeschlagener Industrien oder den Umbau des Finanzsystems geht, überall
beruft man sich auf “ordnungspolitische Grundsätze”. Ordnungspolitik ist zu einer Art
Zauberformel geworden, die wirtschaftspolitischem Handeln den Charakter der
“Richtigkeitsvermutung” verleiht und sich der “Rückendeckung” durch die ordoliberalen
Gründungsväter der Sozialen Marktwirtschaft sicher wähnt.
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Stanford Working Paper: New Keynesian versus Old Keynesian Government Spending
Multipliers (pdfFebruar 09): Ein vierköpfiges Forscherteam der Universitäten Stanford und
Frankfurt am Main greift volkswirtschaftliche Prognosen in dieser massiv an. Die Vorhersage
sei viel zu optimistisch. Die Regierungsökonomen hätten veraltete Prognose- Modelle benutzt
und unrealistische Annahmen über den künftigen Kurs der amerikanischen Geldpolitik
getroffen. Moderne keynesianische Modelle, die auf dem aktuellen Stand der Forschung seien,
lieferten geringere Effekte für Wachstum und Beschäftigung, schreiben John Cogan, John
Taylor (beide Stanford), Tobias Cwik und Volker Wieland (beide Frankfurt).
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Manager - Die Versager
Nach außen geschlossen: Kritik aneinander äußern deutsche Manager kaum
Wissen die Manager denn nicht, was sie gesellschaftspolitisch anrichten? Sehen die guten
Manager nicht, dass die Minderheit der schlechten die Mehrheit der guten in den Abgrund führt,
dass die Manager in einer Demokratie Gefahr laufen, den Boden unter den Füßen zu verlieren?
Scheinbar ungerührt stecken Manager alle Schläge weg, die in Zeiten wie diesen auf die Kaste
einprasselt, frei nach dem Motto: „Alle in einen Sack, der Knüppel trifft schon den Richtigen.“
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Auslöser der Krise war der Verfall der Immobilienpreise in den USA: Während sich die
Häuserpreise in den Vereinigten Staten von 1989 bis 1997 kaum verändert hatten, stiegen sie von
1998 bis Mitte 2006 auf das 2,6-Fache. Dann drehte sich der Trend, und die Immobilienpreise
gaben auf breiter Front nach. Das Platzen der Immobilienblase bedeutete naturgemäß das Ende
des Geschäftes mit den Subprime-Krediten: Immobilien, die als Besicherung für die Kredite
dienten, waren jetzt als Sicherheiten praktisch wertlos. Als Folge mussten Banken, die solche
Kredite in ihren Bilanzen hatten, Abschreibungen vornehmen; die Verluste aus diesen
Abschreibungen schmälerten ihr Eigenkapital. Bedeutender für den Verlauf der Krise war
allerdings, dass das Risikobewusstsein vieler Investoren sprunghaft wuchs: Niemand wollte die
verbrieften Kredite mehr kaufen. Der Markt für diese Papiere brach zusammen; die Praxis der
Auslagerung der Kredite funktionierte nun nicht mehr. Da niemand mehr diese Papiere kaufen
wollte, konnte man auch keinen Preis mehr dafür ermitteln, ihr Wert fiel ins Bodenlose. In der
Folge mussten Schattenbanken und Banken, die solche Papiere in ihren Bilanzen hatten,
dramatische Wertberichtigungen zu Lasten ihres Eigenkapitals vornehmen.
Die ab Juni 2007 auftretenden Verluste bei Subprime-Hypotheken deckten erhebliche
Schwachstellen im Finanzsystem auf. Zu diesen gehörten hohe Schuldenquoten zur Steigerung
der Eigenkapitalrenditen sowie außerbilanzielle Zweckgesellschaften, die Forderungen mit
vermeintlich geringem Risiko – viele davon im Zusammenhang mit US- Hypothekenengagements
– im Stile einer Fristentransformation revolvierend kurzfristig refinanzierten. Auflaufende Verluste
bei den Vermögenswerten, die den Forderungen zugrunde lagen, sprengten schließlich das auf
kurzfristiger Refinanzierung beruhende Modell und zwangen die Banken zu einer
Reintermediation ausgelagerter Forderungen. Am 9. August 2007 griffen die Turbulenzen auf die
Interbankmärkte über und läuteten damit den Beginn einer weiter reichenden Finanzmarktkrise
ein. Wachsende Bewertungsverluste im Laufe der folgenden Monate setzten die Bankbilanzen
unter Druck und lösten schließlich Mitte März 2008 bei der Investmentbank Bear Stearns einen
akuten Liquiditätsengpass aus, der letztendlich zur staatlich unterstützten Übernahme durch
JPMorgan Chase führte.
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